Gabriele Seitz, Leiterin des Referats Digitalisierung der BAKBAK BundesarchitektenkammerChristian Kruppa, Berlin
NAXNAX Netzwerk Architekturexport: Liebe Frau Seitz, Sie befassen sich in der Bundesarchitektenkammer mit der immer schneller voranschreitenden Digitalisierung und deren Einfluss auf die Arbeit und das Berufsbild des Architekten. Was genau bedeuten diese tiefgreifenden Prozesse für den einzelnen Architekten bzw. die klein- und mittelständischen Architekturbüros?
GS: Die Digitalisierung hat sich mittlerweile in allen Lebensbereichen durchgesetzt und macht auch vor dem Planen und Bauen keinen Halt. In der Bauwirtschaft ist das Thema BIMBIM Building Information Modeling schon seit längerem in aller Munde. Beim Building Information Modeling handelt es sich um eine kooperative Arbeitsmethode, die Planungsgewohnheiten von Architekten verändert. Das bedeutet für viele Büros erst einmal eine Umstellung, birgt aber auch große Chancen: Der Architekt kann wieder als Baumeister im eigentlichen Sinne agieren, denn die Verantwortung und Kontrolle für den gesamten Planungsprozess liegt durch die BIM-Methode wieder bei ihm. Für diese Aufgabe sind Architekten prädestiniert, denn sie haben einen guten Überblick über alle neun Leistungsphasen.
NAX: Welche Unterschiede bestehen zwischen der konventionellen Planung und einem sogenannten integralen Planungsansatz in der Digitalisierung?
GS: In der konventionellen Planung koordiniert sich der Architekt mit seinen Planungspartnern meistens auf der Grundlage von zweidimensionalen Plänen. Beim digitalisierten Arbeiten hingegen werden dreidimensionale Fachmodelle ausgetauscht. Das Besondere dabei ist, dass in der zweidimensionalen Planerstellung bisher jeder für sich gearbeitet hat – für eine 3D-Modellierung müssen nun aber alle Beteiligten gemeinsam planen.
NAX: Es hagelt neue Ausdrücke und Wortkreationen: openBIM, closedBIM, As-built-Modell, LoD und andere – was tun Sie, um deutschen Planern das Thema BIM mit allen bis jetzt bekannten Facetten näher zu bringen und zu erklären?
GS: Zum einen hat die Bundesarchitektenkammer (BAK) seit dem 1.1.2017 ein neues Referat geschaffen, das als zentrale Stelle alle Aktivitäten rund um die Digitalisierung der Wertschöpfungskette Bau koordiniert und strukturiert. Außerdem gibt es eine BAK-Expertengruppe, die aktuelle Entwicklungen in diesem Bereich verfolgt und diskutiert. In diesem Kreis haben wir auch das Handbuch „BIM für Architekten“ zusammengestellt und publiziert, das auf die 100 wichtigsten Fragen zum Thema Digitalisierung Antworten liefert und natürlich auch die neuen Fachbegriffe erläutert.
NAX: Was empfehlen Sie Architekten, die sich dem Thema näher wollen? Welche Anlaufstellen informieren umfassend, bilden aus bzw. weiter und geben Hilfestellung?
GS: Meine Empfehlung ist, einfach erstmal loszulegen! Bei BIM gilt wie bei vielen neuen Herausforderungen „learning by doing“. Büros sollten sich die notwendige Software zulegen und die Methode Schritt für Schritt an aktuellen Bauvorhaben testen. Wer erst die Einführung von Standards oder das Fortschreiten der Digitalisierung abwarten will, wird irgendwann den Anschluss verlieren. Hilfestellung und Unterstützung für den Schritt ins digitale Zeitalter können sich Planer auch bei den Seminaren und Veranstaltungen der Länderarchitektenkammern zu dem Thema holen. Am 24.5. wird es zudem einen BIM-Kongress des Bundebau- und des Bundeswirtschaftsministeriums geben, bei dem die aktuelle Situation im Hochbau diskutiert wird. Nähere Informationen zu dieser Veranstaltung werden demnächst veröffentlicht.
NAX: Ein spannendes Thema, das es weiter zu begleiten gilt! Hierfür wünschen wir Ihnen und uns viel Erfolg und Engagement. Wir danken für das Interview!
Gabriele Seitz ist Diplom-Betriebswirtin leitete jahrelang die Geschicke und Aktivitäten des Netzwerk Architekturexport NAX der Bundesarchitektenkammer (BAK). Sie ist seit Anfang des Jahres Leiterin des neu geschaffenen Referats Digitalisierung in der BAK.
Das Handbuch „BIM für Architekten“ kann beim Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (BKIBKI Baukosteninformationszentrum für Architekten) hier bestellt werden.