Als NAX-Pate aktiv in Frankreich II

Fragen an Klaas de Rycke (KdR), chef d’agence Bollinger + Grohmann in Frankreich

Klaas de Rycker

Klaas de RyckerB+G

NAXNAX Netzwerk Architekturexport: Bollinger + Grohmann ist seit vielen Jahren in Frankreich erfolgreich tätig – wie entwickelte sich das Unternehmen dort?

KdR: Einige französische Kontakte existierten seit dem Jahr 2000 über unsere internationalen Tätigkeiten. Erste Erfahrungen in Frankreich sammelten wir dann mit dem Projekt Musée des Confluences in Lyon (Architekt: Coop Himmelb(l)au, Wien). Diese Aufträge brachten jedoch noch keine Folgeaufträge oder dauerhafte Präsenz in Frankreich. In 2004 etablierten wir jedoch den Kontakt zu Dominique Perrault Architectes (DPA) im Rahmen zweier internationaler Projekte außerhalb Frankreichs: das Mariinsky Theater in St Petersburg und dem Bahnhofsvorplatz und Eingang der U-Bahn-Linie in Neapel.

Wie so oft war und ist uns der direkte Austausch, vor allem in den frühen Entwurfsphasen, sehr wichtig. Die damals nötige enge Abstimmung mit DPA resultierte darin, dass Bollinger + Grohmann entschied, mich – einen jungen Ingenieur mit Französischkenntnissen, Erfahrungen in 3D und bei der Berechnung komplexer Bauteile – in das Büro von DPA nach Paris zu entsenden.
Unsere lokalen Kontakten intensivierten sich über die Jahre immer mehr, das Band zwischen Bollinger + Grohmann und Frankreich wurde enger.

Diese Kontakte sowie unsere Fachkenntnisse sehr komplexer Bauvorhaben führten dazu, dass wir vermehrt angefragt wurden für öffentliche Wettbewerbe (im Verbund mit französischen Partnern). Der Gewinn einiger wichtiger Wettbewerbe, u.a. Neubau des Louvre Museums in Lens, und Projekte vor Ort machte es schließlich notwendig, ein eigenes Büro zu eröffnen, auch, um auf die sehr marktspezifischen Versicherungsbedingungen antworten zu können. Das anfangs sehr kleine Büro ist über die Jahre stark gewachsen und umfasst heute 25 Mitarbeiter, die von Paris aus sehr eng mit den Kollegen in Deutschland und im weiteren Ausland zusammenarbeiten.

Louvre in Lens

Louvre in LensHisao Suzuki

NAX: Welche Projekte realisieren Sie zurzeit, und wie kommen Sie an die Aufträge?

KdR: Die meisten Projekte akquirierten wir aus öffentlichen Wettbewerben. Ein wichtiger Ansatz des Erfolgs von Bollinger + Grohmann ist, in der Regel sehr früh und schnell mit allen Beteiligten zu kommunizieren und zu interagieren. Die Zusammenarbeit mit Architekten – vor allem auch bei Wettbewerbe – ist hierbei unerlässlich und eine unserer großen Säulen.
Wir realisieren zurzeit, zusammen mit Rem Koolhaas, eine Elite-Universität in der Nähe von Paris, eine Schule in St Germain en Laye (mit Colboc Franzen et Ass.) und viele weitere Projekte. Begleiten tun wir von Paris aus jedoch auch Projekte in Belgien, der Schweiz, Marokko, Elfenbeinküste, Taiwan, USA und Algerien.
Ein weiterer Einstieg in Projekte in Frankreich ist für uns die Möglichkeit, als deutsche Firma gerne auch die Ausführungsplanung für komplexe Bauten anzubieten da beim klassischen Auftrag der öffentlichen Hand und dem Leistungsbild nicht die Ausführungsplanung beinhaltet ist. Wir erhalten deshalb jetzt vermehrt direkte Anfragen von internationalen und französischen Baufirmen mit der Bitte um Unterstützung. Hier geht es um Fassaden, komplexe Holzstrukturen aber auch um Fußballstadien die in PPP-Verfahren vergeben werden.
Auch von Künstlern wurden wir schon oft direkt angefragt um sie bei ihren Projekten zu unterstützen (aktuell in Belgien). Und aufgrund unseres mittlerweile sehr gutes Rufes und unsere Erfahrung werden wir auch immer öfter direkt von Kunden angesprochen, besonders im Bereich due dilligence und Instandsetzung zeigen sich zurzeit große Entwicklungsmöglichkeiten in und um Paris.

NAX: Welche sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Chancen und Herausforderungen auf dem französischen Markt?

KdR: Für Architektur gibt es an sich ein großes Interesse in Frankreich, was man u.a. daran erkennen kann, dass es allein in Paris zwei Architektur-Museen gibt. Es gibt extrem viele öffentliche Ausschreibungen.
Durch die Entwicklung hin zum ökologischen Bewusstsein und Bau bietet Architektur ein großes Potential, um Bestandsbauten ökologisch aufzuwerten. Hier gibt es interessante Entwicklungen, in denen deutsche Architekten mit ihrem großen Know-how punkten können.
Dennoch bleibt der französische Markt eine Herausforderung, denn er spricht seine ganz eigene Sprache. Kulturelle und andere Unterschiede muss man respektieren können um vor Ort Erfolg zu haben.

NAX: Vielen Dank, lieber Herr de Rycke, und weiterhin viel Erfolg!

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