Für das Vereinigte Königreich Großbritannien ist aus wirtschaftlicher Sicht vor allem die Hauptstadt London von besonderer Bedeutung, da der Großteil des britischen Bruttosozialprodukts hier entsteht. London ist außerdem eines der Drehkreuze des globalen Banken- und Versicherungsmarktes. Neben der dort ansässigen Versicherungsbörse (Lloyd‘s of London) war die Hauptstadt bis zur Brexit-Abstimmung das Bankenzentrum Europas. Aufgrund des Brexits steht seit November 2017 fest, dass die Londoner EUEU Europäische Union-Behörden für Bankenaufsicht (EBA) und Arzneimittel (EMA) nach Paris bzw. Amsterdam umziehen werden. Als Bewerber scheiterten Frankfurt und Bonn, unter anderem weil die Europäische Zentralbank und die Versicherungsaufsicht EIOPA bereits Ihren Sitz in Frankfurt haben.
Großbritannien, aktuell noch Mitglied der Europäischen Union (EU) und des europäischen Wirtschaftsraumes (EWR), könnte trotz des Brexits weiterhin Mitglied des EWR bleiben, allerdings wird die EU Dienstleistungsfreiheit (Freedom of Services) zukünftig wegfallen. Aufgrund des Wegfalls ist davon auszugehen, dass sich die Ausführung von Leistungen deutscher Planer in Großbritannien künftig
schwieriger gestalten wird.
Neben der hoch angesehenen britischen Geschichte sind vor allem in der Londoner Architektur zahlreiche weltbekannte Bauten wiederzufinden. Dazu zählen neben den Klassikern „Big Ben“, „London Eye“ und der „Towerbridge“ auch moderne Werke wie die City Hall oder „The Gherkin“ (offiziell „30 St Mary Axe“ von Ken Shuttleworth und Sir Norman Foster). Außerdem ist die Sport-Nation Großbritannien weltweit bekannt für eine Vielzahl von (Fußball-) Stadien wie das neue und multifunktionale Stadion der Tottenham Hotspur, „Chelseas Stamford Bridge Stadium“ oder die London 2012 Olympischen Sportstätten. Bekannte Architekten, die hier im Land ihr Wirken hinterlassen haben, sind außerdem Richard Rogers („Lloyd’s Building“) und Renzo Piano („The Shard“).
Berufsrechtliche Regelungen
Einige Besonderheiten sind in Bezug auf die Berufsbezeichnung und Berufsausübung in Großbritannien zu beachten: Da es keinen gesetzlichen Schutz der Berufsausübung gibt, muss für ein Bauvorhaben nicht unbedingt ein Architekt beauftragt werden. Dennoch besteht ein Schutz des Titels „architect“ durch §20 des Architects Act 1997:
„A person shall not practise or carry on business under any name, style or title containing the word „architect“ unless he is a person registered under this Act.“
Dieser ungenügende Schutz der Berufsausübung hat zur Folge, dass ein Architekt seinen Beruf ohne Eintragung ausüben kann, solange er seinen Berufstitel nicht benutzt.
Um den Titel „architect“ tragen zu können, muss der Architekt sich bei dem ARBARB Architects’ Registration Board (Architects Registration Board), ähnlich wie die deutsche Architektenkammer, eintragen. In Großbritannien sind die Architekten außerdem stark von der RIBARIBA Royal Institute of British Architects, dem Royal Institute of British Architects, einer berufsständischen Organisation der Architekten und vom ARB beeinflusst. Andere Verbände spielen regional neben der RIBA auch eine starke Rolle, unter anderem die Royal Society of Architects in Wales (RSAW), die Royal Society of Ulster Architects (RSUA) und die Royal Incorporation of Architects in Scotland (RIAS). Die Mitgliedschaft in den britischen Verbänden ist freiwillig, vor allem bei der RIBA jedoch empfehlenswert, da sie über einen exzellenten Ruf und großen politischen Einfluss verfügt. Die RIBA ermöglicht außerdem ihren Mitgliedern, die Abkürzung RIBA zu der Berufsbezeichnung architect hinzuzufügen, erteilt Empfehlungen für die Ausbildung und Honorarordnung, bietet Informationen, Seminare, Veranstaltungen und kostenlose Rechtsberatung und verfügt über ein eigenes Netzwerk für Architekten. Ziel der Verbände ist der Schutz der Berufsausübung der Architekten und das Verteten ihrer Interessen.
Die Ingenieurtitel Engineering Technician (EngTech), Incorporated Engineer (IEng), Chartered Engineer (CEng) und Information and Communication Technology Technician (ICTTech) sind ebenfalls gesetzlich geschützt. Ein Ingenieur kann sich bei der britischen Ingenieurkammer (Engineers Registration Board des Engineering Council) eintragen, wenn er Mitglied eines lizenzierten Ingenieurverbandes ist. Diese Eintragung hat wie für die Architekten einige Vorteile, unter anderem die internationale Anerkennung der Qualifikationen, des Fachwissens und die klassischen Funktionen eines beruflichen Netzwerkes.
Die automatische Anerkennung ausländischer (EU)-Diplome erfolgt auf Grundlage der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG: Sie gilt für alle Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU), des sonstigen Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und der Schweiz. Deutsche Architekten erlangen durch diese Richtlinie das Recht, sich in allen EU-Staaten als Architekt bezeichnen zu dürfen, müssen sich aber dafür in Großbritannien bei der ARB eintragen, da der Titel „architect“ gesetzlich auf diejenigen beschränkt ist, die bei der ARB registriert sind. Die Eintragung bei der ARB können deutsche Architekten online beantragen unter http://www.arb.org.uk/architect-information/applying-for-registration-for-the-first-time/registering-with-eu-qualifications/. Sie können ebenfalls Mitglied der RIBA unter https://www.architecture.com/join-riba/individual-chartered-membership werden: Um Mitglied zu werden, benötigen Architekten eine von der RIBA anerkannte UKVK Vereinigtes Königreich Part 3-Prüfung. Eine Alternative ist eine Qualifikation in der Architektur, die unter die EU-Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG fällt und Zugang zum Architektenberuf in dem europäischen Land gewährt, in dem die Qualifikationen erworben wurde, und dazu mindestens zwei Jahre Berufserfahrung.
In Deutschland regelt die HOAIHOAI Honorarordnung für Architekten und Ingenieure die Berechnung der Entgelte für die Grundleistungen der Architekten und der Ingenieure. Dagegen veröffentlicht die RIBA in Großbritannien reine Honorarempfehlungen. Dort gibt es keine verbindliche Honorarordnung, während es in Deutschland nur wenige Fälle gibt, wo eine Abweichung zu der HOAI zulässig ist.
Nach dem Common Law und gemäß dem Limitation Act 1980 beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist 6 Jahre. Bei contracts under seal, also beurkundete Verträge, beträgt sie 12 Jahre.
Besonderheiten zum Versicherungsschutz
Architekten sind in Großbritannien gesetzlich nicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung verpflichtet, müssen aber eine professional indemnity insurance (Berufshaftpflichtversicherung) abschließen, wenn sie sich bei der ARB eintragen lassen. Gemäß dem Standard 8 von dem Code of Conduct der ARB wird erwartet, dass der Architekt einen angemessenen und ausreichenden Versicherungsschutz für sich, sein Büro und seine Mitarbeiter hat. Der Vorstand empfiehlt eine Mindestdeckung von 250.000 Pfund für jeden Anspruch („for each and every claim“ – nach deutschem Verständnis Personen-/Sach-/Vermögensschäden). Die Art der Versicherung beruht auf dem „Claims-made“-Prinzip: Hiernach gilt der Versicherungsfall als dann eingetreten, wenn der Geschädigte Schadenersatzansprüche geltend macht und nicht, wann der Verstoß begangen wurde.
Dazu kommt auch die Verpflichtung des Arbeitgebers eine Employer’s liability insurance (Arbeitgeberhaftpflichtversicherung) und eine Worker’s compensation (Unfallversicherung) abzuschließen. Diese Verpflichtung ist gesetzlich vorgeschrieben, ist aber für deutsche Architekten nur im Falle einer Niederlassung in Großbritannien nötig.
Ein gesonderter Versicherungsschutz für deutsche Architekten ist aktuell nicht nötig. Eine in Deutschland abgeschlossene Berufshaftpflichtversicherung beinhaltet gewöhnlich einen EU-weiten oder weltweiten Geltungsbereich (regelmäßig ex. USA und Kanada). Die üblicherweise in den deutschen Versicherungen enthaltenen Ausschlüsse (wie z.B. der Code Civil Ausschluss oder Pflichtversicherungsausschluss) finden für Großbritannien keine Anwendung. Wer in Deutschland sein Architekturstudium abgeschlossen hat, von der Architektenkammer anerkannt ist und als „architect“ in Großbritannien arbeiten will, muss sich dementsprechend bei der ARB eintragen lassen und sich an die Vorgaben des Code of Conduct der ARB (Standard 8) halten. Auch handelt es sich derzeit bei Großbritannien um kein Land, welches unter das „Non-Admitted-Verbot“ fällt. Solange Großbritannien ein Mitgliedstaat der EU und des EWR ist, ist somit eine Tätigkeit im Rahmen der EU-weiten Dienstleistungsfreiheit sowohl für deutsche Planungsbüros als auch für deutsche Versicherungsunternehmen grundsätzlich ohne weiteres möglich.
Auswirkungen des Brexits
Aufgrund des EU-Ausstiegs von Großbritannien ist davon auszugehen, dass es zu Veränderungen für ausländische Planer und Versicherer kommt. Beispielsweise könnte das Non-Admitted-Verbot relevant werden. Sollte Großbritannien aus dem EWR austreten, könnten ausländische Versicherer dazu verpflichtet werden, eine Lizenz zu erwerben. Mit dem EU-Ausstieg wird Großbritannien die Vorteile der Mitgliedschaft in der EU verlieren und wird gemäß der gesamten EU-Primär- und Sekundärrechte zu einem „Drittland“.
Sofern kein fortlaufender Zugang ausgehandelt wird, wird der Zugang zwischen dem Vereinigten Königreich und anderen EWR-Mitgliedsstaaten verloren gehen. Versicherungsunternehmen müssten sich bei der Prudential Regulation Authority, einer britischen Regierungsbehörde, anmelden.
„Erteilt ein EU-Staat einem Versicherer die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb, gilt die Erlaubnis in allen EU-Staaten“ („Europäischen Pass“ oder „Simple-Licence-Prinzip“). Ab Ende März 2019 würden diese in Großbritannien wegfallen. „Einige deutsche Versicherer [müssen] jetzt darüber nachdenken, Tochtergesellschaften in Großbritannien zu gründen“ sagte der GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.) -Chefvolkswirt Klaus Wiener. Laut dem Verband würden „diese [..] dann von der künftigen britischen Aufsichtsbehörde reguliert und hätte dieselben Rechte wie britische Assekuranzunternehmen“.
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- Regelmäßige Prüfung, Wertung und Reporting der bestehenden Versicherungsvereinbarungen
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Quellen:
http://www.tagesschau.de/wirtschaft/eu-bankenaufsicht-101.html
http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2016-09/38738337-briten-bleiben-auch-bei-brexit-ewr-mitglied-003.htm
http://www.daragan.de/downloads/90_brexitundewrabkommenzerb2016281.pdf
http://www.arbrb.de/blog/2016/06/28/brexit/
§20 (1) Architects Act 1997
http://www.legislation.gov.uk/ukpga/1997/22/pdfs/ukpga_19970022_en.pdf
http://www.grin.com/de/e-book/33042/planen-und-bauen-in-grossbritannien
https://www.architecture.com/join-riba/individual-chartered-membership
http://www.engc.org.uk/professional-registration/the-professional-titles/
http://www.engc.org.uk/about-us/our-partners/professional-engineering-institutions/
https://www.anerkennung-in-deutschland.de/html/de/eu_anerkennungsrichtlinie.php
§1, Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – HOAI) in der Fassung vom 10.07.2013, in Kraft getreten am 17.07.2013.
https://www.legislation.gov.uk/ukpga/1980/58#commentary-key-9d2b693c13000ebce0f289ff5bf0af39
http://www.arb.org.uk/architect-information/professional-indemnity-insurance/pii-guidance/
282.900 Euro gem. dem Kurs vom 05.12.2017
http://versicherungslexikon.web.th-koeln.de/tag/claims-made-basis/
https://www.legislation.gov.uk/ukpga/1969/57/pdfs/ukpga_19690057_en.pdf
http://www.gdv.de/2017/11/ich-kann-nur-von-einem-unkontrollierten-austritt-grossbritanniens-ausgehen/
http://positionen.gdv.de/brexit-und-versicherungen/