„Die Vermittelbarkeit des Projekts ist ein entscheidendes Kriterium“

INTERVIEW MIT SIMON HUBACHER, NEUBIGHUBACHER IN KÖLN

Simon Hubacher

Simon HubacherAkademie der Künste, Berlin

NAXNAX Netzwerk Architekturexport: Lieber Herr Hubacher, Sie haben in Lausanne, Montreal und Zürich Architektur studiert und sind seit 1991 als freier Architekt in Köln tätig, seit 2001 als Mitinhaber des Büros neubighubacher Architektur Städtebau Strukturentwicklung. Mit Ihren Projekten und Aktivitäten sind Sie sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz verhaftet (dort u.a. auch als Mitglied im Vorstand der Sektion International des SIASIA Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein). Was sind für Sie die größten Unterschiede in der Zusammenarbeit von Architekt, Bauherr / Behörden oder bei den Planungs- und Prozessabläufe in beiden Ländern?

Hubacher: Planungs- und Prozessabläufe in der Schweiz und in Deutschland sind sehr ähnlich. Bemerkenswert ist am ehesten, dass jene Projekte, die wir in der Schweiz begleiteten, in der Regel damit anfangen, dass wir gemeinsam mit dem Bauherrn ein Organigramm aller Projektbeteiligten erstellen und die einzelnen Rollen diskutieren. In Deutschland sind unsere Auftraggeber darüber zunächst meist eher verwundert. Grundlegende Unterschiede sehe ich dagegen in der Planungskultur. In der Schweiz ist allen Beteiligten an einem größeren Projekt klar, dass es sich zu gegebenem Zeitpunkt einer direktdemokratischen Entscheidung wird stellen müssen. Die Vermittelbarkeit eines Projekts ist daher von Beginn weg ein wichtiges Kriterium. Dies führt dazu, dass offene Fragen ausdiskutiert werden bis eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung vorliegt. Folgerichtig ist das Verhältnis zwischen Bauherr und Architekt in der Regel deutlich kooperativer und dialogorientierter als in Deutschland. In Deutschland ist die Bauherrenrolle stark vom Selbstverständnis als Besteller geprägt.


NAX: Ihr Büro hat im Geschäftsfeld Strukturentwicklung in den letzten 12 Jahren über 70 Wettbewerbe, Auszeichnungen und Beteiligungsverfahren im In- und Ausland betreut – die Reflektion von Wettbewerbswesen/Vergabewesen zwischen Deutschland und der Schweiz ist eines Ihrer vorrangigen Themen. Welches sind Ihrer Erfahrung und Meinung nach die größten Marktzugangshindernisse in beiden Ländern und was muss passieren, dass diese abgebaut bzw. aufgeweicht werden?

Hubacher: Das größte Markthindernis für Schweizer Büros in Deutschland sind die riesigen Unterschiede in der Honorierung von Architektenleistungen in Deutschland oder umgekehrt, die hohen Arbeits- und Lebenshaltungskosten in der Schweiz. Die Annahme eines Auftrags in Deutschland ist für ein Schweizer Architekturbüro erst ab einer bestimmten Größenordnung interessant. Und auch dann wird sich die Frage stellen, ob es nicht wirtschaftlicher ist, hierfür eine Niederlassung in Deutschland aufzubauen. Das neue Vergaberecht der VgVVgV Vergabeverordnung hat die Zugangsmöglichkeiten für Schweizer Büros zu Aufträgen in Deutschland meiner Meinung nach deutlich verbessert, da sich mit dem Instrument der „Eignungsleihe“ das Spektrum der Projekte der öffentlichen Hand, auf die sich auch kleinere und mittlere Büros bewerben können, deutlich vergrößert hat.
Ein großes Hindernis für den Marktzugang deutscher Architekturbüros in der Schweiz ist die fehlende Vernetzung mit Schweizer Partnern vor Ort. Schweizer Bauherrschaften tun sich grundsätzlich schwer, eine Leistung von weit her zu beziehen, wenn sie auch vor Ort beschafft werden kann. Der Schweizer Markt ist für deutsche Architektinnen und Architekten daher vor allem in Nischenbereichen interessant, die ein hohes Spezialwissen erfordern, für die es in der Schweiz keinen regionalen, sondern nur einen nationalen Planermarkt gibt.


NAX: Sie sind im Vorstand der Sektion Internationales des SIA Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein und setzten sich für den Export von Architekturleistungen ein. Aus gemeinsamen Veranstaltungen besteht hier auch schon eine gute Kooperation mit dem Netzwerk Architekturexport NAX. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Themen, mit denen wir als Berufsorganisationen die Exportaktivitäten unserer Architekten und Planer unterstützen können?

Hubacher: Ich sehe vor allem zwei Schwerpunkte für eine Zusammenarbeit. Einerseits besteht seitens der Architektinnen und Architekten ein Bedarf an Anknüpfungspunkten in den jeweiligen Auslandsmärkten. Den Markt zusammen mit einem Partner vor Ort kennen zu lernen, erleichtert einiges, insbesondere auch im Kontakt mit den Behörden. Die Sektion International des SIA prüft hierfür im Moment den Aufbau eines Netzwerks von Mentorinnen und Mentoren. Auch „Match-Making“-Veranstaltungen halten wir für eine reizvolle Idee.
Andererseits gilt es Ängste in der Architektenschaft und auch auf Seite der Bauherrschaften vor ausländischen Marktteilnehmern offen anzusprechen. Beide Planungskulturen können von einander lernen. Die Schweiz ist zu klein, als dass sie auf ausländisches Knowhow und die Außensicht auf aktuelle Fragestellungen verzichten könnte. Die Kombination von Exzellenz und Bodenständigkeit der Schweizer Baukultur kann gerade in Auslandsmärkten wichtige Impulse für eine nachhaltige Entwicklung setzen.

NAX: Vielen Dank, Herr Hubacher!

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