Jüngst ist das NAXNAX Netzwerk Architekturexport von einem Erfahrungsaustausch aus Wien zurückgekehrt, zu dem unter dem Titel „Vienna Calling“ eingeladen war. SEHW ist gar nicht erst wieder zurückgekehrt… Unser call nach Wien erreichte uns 2002. Seitdem haben wir in Österreich mehrere Projekte hauptsächlich im Bereich Health Care, Wissenschaft und Forschung geplant und umgesetzt. Darüber hinaus begleiten wir als Consultants öffentliche und private Bauherren in diesem Bereich der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge, was notwendige Veränderungsprozesse betrifft und ihre Auswirkungen auf Bedarfe und auf Gestaltung.
Die Entstehungsprozesse dieser architektonischen Projekte waren sehr unterschiedlich. Es handelte sich um direkte Beauftragungen, Erfolge bei Wettbewerben und sonstigen Vergabeverfahren sowie Projektentwicklungen. Gerade die Wettbewerbsszene in Österreich Anfang der Nullerjahre war von sehr großer Offenheit geprägt sowohl bei den Bauherren als auch bei den Architektenkollegen, obwohl diese durch uns ja zusätzliche Mitbewerber bekamen.
Es gibt aus unserer Arbeit in Österreich viele Erfahrungen, die sich uns eingeprägt haben und die auch seither unsere Herangehensweise an Projekte im In- und Ausland beeinflussen. Das ist etwa die Feststellung, dass Deutschland im Vergleich zu seinen kleinen europäischen Nachbarn der große träge Tanker ist, während rundherum mehr Dynamik, ja, auch mehr Mut, herrscht. Architektur als Teil der Kultur des Landes schafft es in Österreich zur prime time in die Nachrichten. Hierzulande ist das undenkbar.
Ebenso undenkbar ist es hierzulande, dass alle Fachinstanzen der Genehmigungsbehörden zu einem einzigen gemeinsamen Termin zusammenkommen und das Protokoll dieses Termins quasi die Baugenehmigung darstellt, wie dies bei einem Projekt in Salzburg der Fall war. Für diesen Prozess brauchen wir in Berlin mittlerweile bis zu einem Jahr. Und es herrscht ein ausgeprägtes Miteinander statt Gegeneinander. In keinem anderen Land sind wir so viele inhaltliche Kooperationen mit lokalen Architekten eingegangen wie in Österreich. Ergebnis dieser Kooperationen, beispielsweise mit Caramel Architekten oder YF Architekten, waren nie Kompromisse, sondern immer eine Fokussierung der entwurflichen Intention durch starke Synergien.
Es ist bei allen Analogien zwischen unserer DIN und der ÖNORM sowie ähnlichen Vergleichen eher trockener Materie vor allem der „Schmäh“, die Lockerheit und Offenheit, mit der die Dinge angegangen werden, die dafür sorgen, dass das Arbeiten in Österreich großen Spaß macht. Mal ganz abgesehen davon, dass einem als Architekt mehr Wertschätzung zuteil wird. Oder sollte das etwa auch nur Schmäh sein? Macht nichts, fühlt sich gut an!
Text von Prof. Xaver Egger, Geschäftsführer von SEHW