Holz ist für Martin Jasper vom NAXNAX Netzwerk Architekturexport-Patenbüro Jasper Architects, jenseits des aktuellen Trends, immer schon ein Material seiner Wahl gewesen. Die Fülle an Holzarten bietet Architekten einen immensen Gestaltungsspielraum. Hier berichtet er von seinen Projekten in Holz- und Mischbauweise und darüber welchen Stellenwert Holz bei den Bauherren in Südamerika hat.
NAX: Sie haben in Südamerika einige Projekte mit Holzbau realisiert z.B. das Rincon Retreat und Mini Housing Projekte, bitte berichten Sie uns doch kurz über diese Projekte.
Martin Jasper: Wir haben in Lateinamerika diverse Projekte in Holzbau- bzw. Mischbauweise realisieren können. Meistens handelt es sich dabei um Projekte in ländlicheren Gegenden in Südamerika. 4 Projekte möchte ich hier hervorheben:
RINCON RETREAT, Boutique Resort in Samaná, Dominican Republic
Über einen gewonnenen Design Wettbewerb wurden wir mit der Planung und Ausführung eines Boutique Resorts an der Nord-Ost Küste der Dominikanischen Republik, auf der Halbinsel Samana, beauftragt. Für das großteils unbewirtschaftete, 12 ha große Stück Land am Hang mit Strand musste zunächst ein Masterplan erstellt werden. Grundlegendes Konzept war, dass die zehn Häuser radial am Hang um den Zentral in Strandnähe gelegenen Social Pavilion und Beach Club, eingebettet in einen großen Park, platziert werden. Jeder Standpunkt und jede Orientierung der Häuser wurde genauestens bezogen auf Aussicht und Umgebung studiert. Das traumhafte Setting, die Natur, der Karibikstrand, der tropische Dschungel sollten die Protagonisten sein, die Architektur diese lediglich einrahmen. Die Häuser und der Social Pavilion sind am Hang in 3 Ebenen aus einer Mischkonstruktion aus Holz und tragenden Fundamentkonstruktionen errichtet. Der Beach Club und weitere kleine „Secret Places“ sind Holzkonstruktionen.
CASCO LA LOMA / HABITÁCULO LA SUNSHINE, Finca in der Pampa Húmeda, Argentinien
Eines unserer ersten Bauprojekte war die Finca „La Loma“ im Zentrum der Provinz Buenos Aires, etwa vier Stunden Autofahrt von der Hauptstadt entfernt. Dem Bauherren war hier der ländliche Stil, vereint mit klaren geometrischen Linien wichtig. Wir haben über eine Re-Interpretation der lokalen, traditionellen Bauweise ein Gebäudeensemble entwickelt, dessen Zentrum das Haupthaus bildet. Es besteht aus zwei Kuben in Mauerwerk, die über eine Holzkonstruktion mit einem weit spannenden Dach vereint sind.
Die Anlage hat einen „Ableger“ abseits der Finca: Das „Mini Housing“ Objekt „Habitáculo La Sunshine“ wurde zum Übernachten und Verweilen mitten in der Natur der 2.500 ha Felder des Landgutes errichtet. Die reine Holzkonstruktion erinnert an einen liegengebliebenen Wagon, ausgestattet mit gerade den wichtigsten funktionalen Elementen: Einen Asador (ein argentinischer, gemauerter Grill), zwei Schlafplätze, eine Mini-Küche, eine überdachte Terrasse und eine begehbaren Dachterrasse, von der vor allem die überwältigenden Sternenhimmel-Nächte in der argentinischen Pampa zu genießen sind.
HOTEL ENAI, Boutique Hotel in Tambopata, Amazonas, Peru
Den geladenen Design-Wettbewerb für dieses Amazonas-Hotel konnten wir 2015 für uns entscheiden. Der Aufgabe, ein Eco-Boutique-Hotel für Amazonasreisende am Ufer des Tambopataflusses des Naturreservates zu entwerfen, sind wir mit einem Lösungsansatz begegnet, bei dem wir versuchten jede Einheit so zu orientieren, dass jede einen Blickbezug sowohl zum Fluss als auch zum Dschungel hat. Durch das schmale Grundstück ergaben sich auf vier Stockwerke gestapelte Zimmereinheiten, die in ihrer Mitte einen gemeinschaftlichen Trakt mit Restaurant und weiteren Gemeinschaftsräumen haben. Die Konstruktion der Zimmertrakte ist eine Mischkonstruktion mit einem Tragwerk aus Betonelementen, der zentrale gemeinschaftliche Trakt eine reine Holzkonstruktion.
CASA V, PICHICUY, „Mini Living“ Ferienhaus an der Chilenischen Küste
Casa VJasper Architects
Der Direktauftrag kam von einer Bauherrin, die sich den Traum eines Strandhauses auf einem viele Jahre vorher gekauften Grundstücks verwirklichen wollte. In Anlehnung an die traditionellen Fischerhäuser an der zentralen chilenischen Küste wurde auch das Haus, wenngleich in einer modernen Interpretation, in reiner Holzkonstruktion geplant. In einem Wechselspiel aus überdachtem Außenraum, Loggia, Terrasse und Innenraum ist das Projekt frontal in Richtung Meerblick auf einer Anhöhe am hinteren Ende des Grundstückes gelegen.
NAX: Warum haben Sie sich bei diesen Projekten für die Holzbauweise entschieden?
Martin Jasper: Holz ist für mich, jenseits des aktuellen Trends, immer schon das Material meiner Wahl. Die Vielfalt, die Lebendigkeit, die Natürlichkeit, die Wärme und Raumqualität, die es erzeugt, und nicht zuletzt die Nachhaltigkeit, sind mit keinem anderen Material zu vergleichen. Hinzu kommt ja, gerade in Lateinamerika, die Fülle an Holzarten, die einem als Architekten einen immensen Gestaltungsspielraum geben. Von tiefschwarzen Palmenhölzern wie die Chonta, über blutroten Quebracho Colorado oder die hellere Marupa sind eine gernzenlose Fülle von Kompositionen und Anwendungen möglich.
In unserem Fall sind die Projekte in Holz- und Mischbauweisen vor allem für private Bauherren entstanden, die entweder für sich selbst gebaut haben oder aber bei deren Projekte das Eingebettetsein in die Natur, das Vernakuläre, einen besonderen Stellenwert hatte.
NAX: Welche weiteren Vorteile sehen Sie im Holzbau und hat der Baustoff Holz auch Nachteile?
Martin Jasper: Mir kommt kein Nachteil des Holzbaus in den Sinn. Einen Teil meiner Lebenszeit verbringe ich aus privaten Gründen in Skandinavien, dadurch ist mir Holzbau in all seinen Nuancen sehr geläufig und ich bin ein großer Fan davon. Gerade mit den aktuellen Entwicklungen in der Holzbautechnologie sind ja wichtige Fragen wie der Brandschutz, Tragfähigkeit, Haltbarkeit, etc. geklärt. Die CLT-Bauweise etwa ermöglicht ein zügiges und allumfassendes Ausführen mit Holz in bisher noch nicht dagewesenem Ausmaß und Höhen. Die Verringerung an CO2-Ausstoß, die allein durch den Verzicht auf Beton entsteht, ist ein klares Argument für mehr Bauen mit Holz. Wobei ich dabei auch den Betonbau, mit seinen ganz eigenen Qualitäten, nicht vergesse…
NAX: Wie leicht oder schwer ist es, ausländische Bauherrn vom Bauen mit Holz zu überzeugen und spielt hierbei eine Zertifizierung zum Beispiel von der DGNBDGNB Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. eine Rolle?
Martin Jasper: In Südamerika ist die Holzbauweise, mit einigen regionalen Ausnahmen, oft als ärmlichere Bauweise verpönt. Oder aber die Bauherren vertrauen der Bauweise nicht wegen der angeblichen Kurzlebigkeit und hohen Maintenance-Kosten. Daher ist es immer wieder eine Herausforderung, die Kunden davon zu überzeugen. Schafft man das, so sind die Kunden, zumindest ist das unsere Erfahrung, dann doch sehr zufrieden mit dem Resultat. Die Zertifizierungssysteme spielen hierbei keine Rolle: Auch in Standard-Bauweise ausgeführte Gebäude sind ebenso zertifizierbar.
NAX: Welche Bedeutung hat Holzbau speziell in Südamerika?
Martin Jasper: In gewissen Regionen Lateinamerikas ist Holzbauweise ein weitgehender Standard. So ist zum Beispiel in Chile Holzbau sehr weit verbreitet, vor allem im Süden des Landes, wie auch im Süden Argentiniens. Ein Beispiel sind die berühmten Holzbauten der Insel Chiloé. Seitdem das Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit im Bauwesen auch in Lateinamerika arriviert ist, wandelt sich das eingangs beschriebene Image des Holzes als Baustoff und es wird öfter bewusst auf Holzbau gesetzt. So arbeiten wir zum Beispiel derzeit an einem überregionalen Projekt, bei den mit sämtlichen Kommunen über Ausführungen in Holzbauweisen für repräsentative Gebäude diskutiert wird. In Port-au-Prince, Haiti, soll es zu einer ersten Realisierung kommen. Das wäre ein Vorzeigeprojekt mit Beispielcharakter.
NAX: Vielen Dank, dass Du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast, lieber Martin! Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg und spannende Projekte.