Planen und Bauen mit dem Werkstoff Holz hat bei Bollinger+Grohmann eine lange Tradition. Eng verknüpft mit den Themen Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung, aber auch dank der innovativen Entwicklung von Holzbaustoffen, die eine industrielle Herstellung und Vorfertigung ermöglichen, rückt der Baustoff Holz aktuell auch international immer stärker in den Vordergrund.
Ein wesentlicher Vorteil des Holzbaus ist die präzise Vorfertigung der Bauteile im Werk. Das eröffnet insbesondere dem Modulbau ganz neue Möglichkeiten. In Berlin-Mahlsdorf ist mit der Integrierten Sekundarschule als eines von drei Modellvorhaben in Holzmodulbauweise realisiert worden.
Die Entwicklung von wenigen unterschiedlichen Modultypen im gesamten Gebäude führte zu wiederkehrenden Geometrien und somit zu einem verhältnismäßig kurzen Planungsvor- bzw. Produktionsablauf. Auch im Wohnungsbau erweist sich die elementierte Bauweise von Vorteil. Um rasch dringend benötigten Wohnraum zu schaffen, sind zum Beispiel in Frankfurt in mehreren denkmalgeschützten Siedlungen aus der ersten Hälfte der 50er Jahre ein- bis zweistöckige Aufstockungen mit vorgefertigten Modulen in Holzbauweise entstanden, wie zum Beispiel in der Fritz-Kissel-Siedlung im Stadtteil Sachsenhausen.
Vorgefertigte Elemente spielen auch bei der Gestaltung mobiler oder temporärer Konstruktionen eine Rolle, wie beispielsweise bei dem 2018 in Zusammenarbeit mit NAXNAX Netzwerk Architekturexport-Pate schneider+schumacher entwickelten Frankfurt Pavilion für Veranstaltungen auf der Frankfurter Buchmesse. Gewünscht war eine materialsparende und kostengünstige Konstruktion, die ohne größeren Aufwand zwischengelagert und alljährlich wiederaufgebaut werden kann. Die raumbildende Konstruktion wurde unter Berücksichtigung architektonischer, konstruktiver und statischer Kriterien mittels genetischer Algorithmen generiert und optimiert. Entstanden sind drei ineinandergeschobene muschelförmige Rippenkonstruktionen aus Holz, die von einer Membran umspannt werden.
In einem vergleichbaren Entwurfsprozess wurden bereits 2010 in Zusammenarbeit mit RDAI die sog. Bulles in einem Flagshipstore von Hermès in Paris entwickelt. Die Struktur ist als ein Flechtwerk aus Holzlatten konzipiert, welches im Geländer der Haupttreppe entsprechend fortgeführt wurde. Ausgehend von der ersten architektonischen Idee und der angestrebten Form entwickelten Bollinger+Grohmann gemeinsam mit den Architekten die Annäherung an die mögliche Form und Struktur der Pavillons sowie des Geländers und begleiteten das Projekt bis zur Ausführungsplanung.
Auch in Österreich konnten wir bereits einige Holzbauprojekte begleiten, unter anderem das 2017 fertiggestellte MIBA Forum, das mit seiner massiven Holzkonstruktion als Dachtragwerk und seinem Grundriss an die Geometrie eines traditionellen Vierkanthofes angelehnt ist. Gerade fertiggestellt wurde auch das Ilse-Wallentin-Haus an der Universität für Bodenkultur in Wien. Auf vier Ebenen sind ein Seminarzentrum, eine Bibliothek mit 100 Leseplätzen und Institutsräumen untergebracht. Die Rasterung der Fassade wird im Innenraum in der Deckenkonstruktion fortgeführt. So wird die Tragstruktur zum Gestaltungselement.
MIBA Forum, Laakirchen © Daniel Hawelka
MIBA Forum, Laakirchen © Hertha Hurnaus
Frans Masereel Centrum, Kasterlee Jeroen Verrecht
Ähnlich gestaltprägend ist auch das Holzdach der 2019 fertiggestellten Erweiterung des Frans Masereel Zentrums in belgischen Kasterlee. (Bild 7) Dieses Projekt bot uns die Gelegenheit, mit den Möglichkeiten und Grenzen neuer digitaler Technologien bei der Entwicklung einer jahrhundertealten Strukturtypologie zu experimentieren. Seine Dachkonstruktion basiert auf dem sogenannten „reciprocal frame“. Dabei erstrecken sich Elemente von begrenzter Länge über große Entfernungen und durch ihre Verbindung entsteht eine flächig wirkende Tragstruktur. Der Einsatz dieser Typologie stellte sich auch als eine materialsparende Option heraus, die die Verwendung von verleimten Holzbindern überflüssig macht. Zusätzlich konnte durch die lokale Verarbeitung des heimischen Holzes der ökologische Fußabdruck geringgehalten werden.
Der Bezug auf traditionelle Konstruktionen lässt sich auch bei einem unserer chinesischen Projekte in Taiyuan ablesen. Das gesamte Strukturkonzept für den Komplex des Botanischen Gartens interpretiert die konstruktive und geometrische Logik der chinesischen Holzdachkonstruktionen neu, um die Belastungsaspekte mit der gewünschten Ästhetik zu kombinieren. So besteht zum Beispiel das Schalentragwerk der Kuppeln der Gewächshäuser aus zweischichtigen Holzträgern in Längsrichtung und einschichtigen Holzträgern in Querrichtung, die über vorgespannte Kabel ausgesteift werden.
Rendering Hochhaus-Turm Fjordporten, Oslo C.F. Møller
Die Kombination von Tradition und Innovation verbindet sich auch in dem aktuell in der Planung befindlichen Hochhausturm Fjordporten am Hauptbahnhof in Oslo in Hybridbauweise. Die Kombination von Holz mit modernen Materialien wie Beton und High-Tech-Glas sind als subtiler Hinweis auf die Zeit zu verstehen, als die Stadt aus Holz gebaut wurde.