Die Volksrepublik China ist mit ihrem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von ca. 14,4 Bio. US-Dollar die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde. Seit den 1980er Jahren wuchs Chinas Wirtschaft und der Wohlstand der Bevölkerung kontinuierlich. Bis Ende der 2000er Jahre dominierte bei westlichen Unternehmen Wirtschaftspolitikerinnen und -politikern eine Begeisterung über die scheinbar unbegrenzten Geschäftspotenziale, die diese wirtschaftliche Dynamik verhieß. In den letzten Jahren hat dagegen eine erhebliche Verschlechterung der internationalen Beziehungen Chinas mit westlichen Ländern stattgefunden, bis hin zu einem Handelskonflikt mit den USA und eskalierenden Feindseligkeiten während der Coronakrise. Trotz des weltweit schwierigen und vor allem von der Pandemie geprägten Wirtschaftsklimas ist Chinas Wirtschaft in den letzten Jahren weiterhin mit nahezu zweistelligen Raten gewachsen (8,44 % BIP-Wachstum im Jahr 2021). Gerade bei der Forschung in Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz, Quanteninformatik, Halbleitertechnologie, Gen- und Biotechnik sowie Weltraumtechnologie will China künftig eine globale Vorreiterrolle einnehmen und strebt langfristig einen hohen Grad an technologischer Autarkie an. Dieser Transformationsprozess von der „Werkbank der Welt“ zum Technologie- Champion hat auch Auswirkungen auf die Architektur. Die Planung von hochmodernen Bildungsstätten, Technologie-Parks sowie veränderten Arbeitswelten bietet ein enormes Potenzial für internationale sowie deutsche Architekten und Ingenieure. In den vergangenen Jahren konnten sich bereits renommierte deutsche Architektur- und Ingenieurbüros am chinesischen Markt etablieren. Die Arbeit an internationalen Projekten bietet ihnen einerseits Chancen, stellt sie andererseits auch vor Herausforderungen. Neben sprachlichen und kulturellen Barrieren gilt es bei Planungsleistungen in China auch die Vertrags- und Versicherungsgestaltung gründlich zu durchleuchten.
In der Praxis gibt es einiges zu beachten
Erbringt ein deutsches Planungsbüro für ein Bauvorhaben in China seine Leistungen aus Deutschland heraus, gilt es, zunächst den örtlichen Geltungsbereich der eigenen Berufshaftpflichtversicherung zu prüfen. Liegt ein weltweiter Versicherungsschutz vor, ist für den deutschen Planer i.d.R. keine zusätzliche (lokale) Deckung in China erforderlich. Gleiches trifft auch bei der Erbringung von Planungsleistungen als Subplanern zu, sofern Auftraggeberseitig nicht zwingend eine lokale Deckung vorgeschrieben wird.
China gehört zu den Ländern, die unter das „Non-Admitted-Verbot“ fallen. In diesen Ländern besteht eine Lizenzpflicht für Versicherungsunternehmen, d.h. lokale Risiken (z.B. lokal erbrachte Leistungen) müssen ausschließlich von dafür lizensierten Versicherern gezeichnet werden.
Für größere Architektur- und Ingenieurbüros mit Niederlassungen oder Tochterunternehmen im Ausland besteht die Möglichkeit einer sog. Mastercover Deckung, die eine geringe lokale Versicherung (Erfüllung der Mindestanforderungen) der Niederlassungen oder der Tochterunternehmen voraussetzt. Auch die Versicherung des Finanzinteresses (FINC) ist in einigen Konstellationen für die „Muttergesellschaft“ sinnvoll, sofern die „Muttergesellschaft“ Beteiligungen an Tochterunternehmen mit Sitz in solchen Staaten hält, die den Betrieb des Versicherungsgeschäftes durch einen dort nicht zugelassenen Versicherer verbieten (Staaten mit Erlaubnisvorbehalt). Gegenstand einer sogenannten FINC-Deckung ist das Interesse der „Muttergesellschaft“, den wirtschaftlichen Wert ihrer Beteiligung an solchen Tochterunternehmen – im Falle von Haftpflichtschäden – aufrecht zu erhalten und vor daraus folgenden, eigenen finanziellen Verlusten geschützt zu sein. Die Versicherung bezieht sich daher ausschließlich auf reine Vermögensinteressen.
Eine generelle Versicherungspflicht für Planungsbüros besteht in China derzeit nicht. Jedoch gilt in einigen Provinzen / Kantonen sowie für öffentliche Projekte eine gesonderte Versicherungspflicht. Dies muss jedoch im Einzelfall geprüft werden. Gleiches gilt auch für die Mitgliedschaft in einer chinesischen Kammer. Hier gibt es je nach Kanton unterschiedliche Auffassungen. Um aber die geschützte Berufsbezeichnung Architekt führen zu dürfen, muss man lizenziert, registriert und Mitglied eines LDI (lokales Designinstituts) sein. Die entsprechende Prüfung und Registrierung der Anerkennung als lizenzierter Architekt, wird direkt durch den Staat beim PQRC (Practice Qualification Registration Center, Ministry of Housing and Urban-Rural Development) organisiert. Ein weiterer und unterstützender Berufsverband für solche Angelegenheiten ist die Architectural Society of China.
In China herrschen sehr komplexe rechtliche Vorgaben für Planungsleistungen wie z.B. die Lizenzierung einzelner Architektinnen in die Klassen A, B, C; auch für Architekturbüros und Designinstitute besteht eine Lizenzierungspflicht in drei Stufen. Ausländische Architekturbüros können eine Lizenz in den Stufen A, B oder C beantragen, allerdings sind die Anforderungen sehr hoch. Gem. dem Decree 78 können ausländische Architektinnen Designdienstleistungen über die rein konzeptionelle Designphase hinaus anbieten, wenn sie zuvor einen Zusammenarbeitsvertrag (Collaboration Contract) mit einem lokalen Designinstitut (LDI) schließen. Alle Dokumente und Entwürfe sind dann vom LDI zu verifizieren und abzustempeln. Ausländische Architektinnen bieten daher ihre Dienstleistungen in der Regel in Partnerschaft mit LDIs an. Im Idealfall regeln Dreiecksverträge die Zusammenarbeit und Verantwortungsgebiete zwischen Architektinnen, LDI und Bauherrinnen. Ausländische Architektinnen treten damit eher als konzeptionelle Planerinnen und „Architektur-Berater“ auf.
Der deutsche Architekt oder Ingenieur hat gegenüber dem Bauherrn zwar eine wirtschaftliche Verantwortung, aber keine baurechtliche Verantwortung im Sinne des chinesischen Baurechts – diese übernimmt ausschließlich das lokale Designinstitut (LDI).
In China ist die Tätigkeit ausländischer Architekturbüros als Repräsentanzbüros des Mutterhauses, in Zusammenarbeit mit einem LDI, als vollständig ausländisch investierte Beratungsunternehmen (Wholly Foreign- Owned Enterprises (WFOE)) oder als Wholly Foreign-Owned Consulting Enterprises („Consulting WFOE“) möglich. Oft übernehmen daher ausländische Architekten nur Leistungen bis zur Genehmigungsplanung.
Haftung und Verjährung
In China gilt eine strikte Trennung zwischen Planung, Errichtung und Bauüberwachung. Daher kommt für ausländische Architektinnen und Ingenieurinnen regelmäßig nur eine Haftung wegen fehlerhafter Planung in Betracht.
Den ausländischen Partner einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ohne ausländisch investiertes Unternehmen trifft diese Haftung nur eingeschränkt, da den chinesischen Planungspartner die Pflicht zur Prüfung und Abzeichnung der Planungsunterlagen des ausländischen Partners trifft. Lag der Fehler tatsächlich beim ausländischen Partner, kommt allenfalls ein Regress des primär in Anspruch genommenen chinesischen Partners gegen das ausländische Planungsbüro in Betracht. Die Haftung für Personenschäden sowie für Sachschäden infolge von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit kann nicht ausgeschlossen werden (PRC Contract Law).
Die Haftungsdauer und die Haftungshöhe werden in der Regel vertraglich festgehalten. Grundsätzlich gilt aber in China eine allgemeine Verjährungsfrist von zwei Jahren ab Kenntnisnahme des Schadens.
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Kontakt
Quellen:
- www.pqrc.org.cn
- https://www.bpb.de/themen/asien/china/326971/das-chinesische-wirtschaftsmodell-im-wandel/
- Alexander Köhler (CEO-AIC Gruppe)
- https://www.gtai.de/de/trade/china/wirtschaftsumfeld/die-fetten-jahre-sind-in-china-erst-einmal-vorbei-251412
- China Market Entry Strategy: A Guide To Entering Chinese B2B Markets (b2binternational.com)
- www.bauer.uh.edu
- http://www.danskeark.dk/Medlemsservice/Internationalt/Landeinformation/Asien-og-Australien/~/media/Dark/Medlemsservice-dokumenter/Internationalt/Lande/5.4.6.1_China_2008.ashx
- GTAI-Veröffentlichung: VR China Markt für Architekturdienstleistungen (erschienen Nov. 2009)
- http://www.npc.gov.cn/englishnpc/Law/2007-12/11/content_1383578.htm
- http://us.practicallaw.com/2-521-5363?q=&qp=&qo=&qe=#a833450
- https://www.pwc.com/sg/en/international-comparison-of-insurance-taxation-2009/assets/icit2009-china.pdf