2015 wurde die Agenda 2030 der UN mit 17 globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, kurz SDGsSDG Sustainable Development Goals) von der Weltgemeinschaft verabschiedet. Nicht nur die Politik, sondern auch alle Wirtschaftsakteure sind hierbei in besonderem Maße gefragt – auf allen Ebenen.
Dorsch hat sich das Thema Nachhaltigkeit bereits seit vielen Jahren auf die Fahne geschrieben und ist (einer der) Vorreiter in der Branche. So lässt sich die Dorsch International der Dorsch Gruppe z. B. jährlich nach dem ganzheitlichen ZNU-Standard der Universität Witten-Herdecke auditieren und zertifizieren und ist zudem Participant des United Nations Global Compacts (UNGC), der weltweit größten und wichtigsten Nachhaltigkeitsinitiative für Unternehmen.
Im Dezember 2022 veröffentlichte die Dorsch International im fünften Jahr in Folge ihren unabhängigen Nachhaltigkeitsbericht (Communication on Progress) gemäß der UNGC-Initiative der Vereinten Nationen.
Wie das Unternehmen seine Nachhaltigkeitsziele umsetzt, erfahren Sie hier im ersten Teil unseres Interviews mit Andreas Schweinar, CEO Dorsch International:
NAXNAX Netzwerk Architekturexport: Nachhaltigkeit ist für die Dorsch Gruppe ein strategisches Kernziel. Seit wann setzen Sie sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinander? Was ist Ihr Verständnis von Nachhaltigkeit? Wie definieren Sie Nachhaltigkeit?
Andreas Schweinar: Die Dorsch Gruppe besteht bereits seit über 70 Jahren und hat sich sehr erfolgreich entwickelt. Dies erreicht man nur, wenn das unternehmerische Handeln auf langfristigen Erfolg ausgerichtet ist und auch für die Gesellschaft einen nachhaltigen Mehrwert schafft. Insofern ist Nachhaltigkeit seit jeher in der DNA von Dorsch verankert. Um der zunehmenden Relevanz des Themas in der Ingenieur- und Architekturbranche Rechnung zu tragen, haben wir diese DNA bereits vor 8 Jahren mit unserer ganzheitlichen Zertifizierung in Nachhaltiger Unternehmensführung in eine transparente und nachvollziehbare Struktur überführt, die alle drei Säulen der Nachhaltigkeit berücksichtigt. Und wir sind stolz darauf, dass wir uns bereits seit 2017 zu den Prinzipien des UNGCs bekennen. Dabei konnten wir auf einem soliden Fundament aufbauen, haben neue Perspektiven integriert und uns zielgerichtet weiterentwickelt. Wir wollen die Infrastruktur über ihren gesamten Lebenszyklus betrachten und so unsere Vision umsetzen, weltweit nachhaltige Lebensräume zu gestalten. Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den unterschiedlichsten Disziplinen, die gemeinsam an Lösungen für eine gerechte und grüne Zukunft arbeiten.
wir sind stolz darauf, dass wir uns bereits seit 2017 zu den Prinzipien des UNGCs bekennen.
Andreas Schweinar, CEO Dorsch International
NAX: In welchen Bereichen sehen Sie sich (besonders) als Vorreiter? Wo und wie möchten Sie zukünftig noch besser werden?
Andreas Schweinar: Wir bieten unseren Infrastrukturkunden lebenszyklus-orientierte und interdisziplinäre Angebote. Wir wollen dabei die „ganze Stadt“ gestalten können. Unsere fachlichen Schwerpunkte liegen derzeit in der Planungs- und Bauphase. Wir möchten unsere Leistungen in den vor- und nachgelagerten Phasen weiter verstärken und dabei das Projekt und seine Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft aus ganzheitlicher Sicht betrachten.
Unsere branchenweit bisher einzigartige Zertifizierung nach dem ZNU-Standard „Nachhaltiger Wirtschaften“ unterstützt uns dabei und schafft durch regelmäßige interne und externe Audits nachvollziehbare und verifizierbare Fortschritte. Klima- und Nachhaltigkeitsanforderungen sind bereits integraler Bestandteil eines Großteils unserer Projekte. Dies wollen wir gemeinsam mit unseren Auftraggebern und Partnern weiter ausbauen.
NAX: Die Dorsch International konnte durch Ihr alleinstellendes und ganzheitliches Nachhaltigkeitsmanagement Schwerpunkte für die gesamte Gruppe setzen. Was sind in Ihren Augen die Hauptpfeiler eines ganzheitlichen Nachhaltigkeitsmanagements?
Unser Ziel ist, die Nachhaltigkeitsaspekte Ökologie, Ökonomie, und Soziales, aber auch die für uns strategisch entscheidenden Faktoren Innovation und Qualität gleichrangig zu betrachten. Noch wichtiger auf unserem Weg zu einem nachhaltigeren Unternehmen ist aber die kontinuierliche Weiterentwicklung unserer Maßnahmen. Daran sind alle Ebenen unseres Unternehmens beteiligt. Ebenso wichtig ist aber auch der Blick von außen auf unser Unternehmen, sei es der unserer Auftraggeber, Partner, Bewerberinnen und Bewerber oder der anderer Stakeholder. Fortschritte und Erfolge unserer Maßnahmen machen wir in den jährlichen Audits und in unserer Kommunikation transparent. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass es für das Unternehmen nur von begrenztem Nutzen ist, in einem Bereich ein Champion zu sein und in anderen Bereichen keine Fortschritte zu erzielen. Das gilt auch für alle Bereiche der Nachhaltigkeit.
Unser Ziel ist, die Nachhaltigkeitsaspekte Ökologie, Ökonomie, und Soziales, aber auch die für uns strategisch entscheidenden Faktoren Innovation und Qualität gleichrangig zu betrachten.
Andreas Schweinar, CEO Dorsch International
NAX: Eine Nachhaltigkeitszertifizierung bietet nicht nur einen erheblichen wirtschaftlichen und sozialökonomischen Mehrwert für Unternehmen, sondern ist auch die Basis eines aktiven Nachhaltigkeitsmanagements. Sie haben bereits erwähnt, dass die Dorsch International nach dem ZNU-Standard „Nachhaltiger Wirtschaften“ zertifiziert ist. Welche Vorteile ergeben sich hierdurch?
Andreas Schweinar: Bewerberinnen und Bewerber auf unsere Stellen fragen bereits intensiv nach unseren Aktivitäten in diesem Bereich. Durch die Zertifizierung kann sich Dorsch International als attraktiver Arbeitgeber weiter profilieren. Auch von Kundenseite wird dieses Thema zunehmend nachgefragt. Ich bin überzeugt, dass Nachhaltigkeitsnachweise in der Zukunft eine Voraussetzung für die Teilnahme an Ausschreibungen sein werden. Für Banken ist das Thema schon heute wichtig und die Kreditvergabe wird in Zukunft von der Nachhaltigkeit der Unternehmen abhängen.
NAX: Die Dorsch Gruppe bekennt sich zur Wahrung der Menschenrechte, die ja auch ein zentrales Element der SDGs sind. Was genau verstehen Sie darunter und wie setzen Sie diesen Aspekt konkret in Ihren Projekten um? Nennen Sie gerne auch realisierte Beispiele, bei denen das Thema Menschenrechte besonders wichtig war bzw. herausgestellt und umgesetzt wurde.
Andreas Schweinar: Die Achtung der Menschenrechte ist Teil unseres Selbstverständnisses. Als internationale Unternehmensgruppe sind wir stolz auf unsere Vielfalt an Nationalitäten und Kulturen und positionieren uns klar gegen Diskriminierung jeglicher Art. Auch unser unternehmerisches Wertegerüst gilt in unserer Gruppe weltweit, unabhängig von lokalen Gegebenheiten. Diese Aspekte spiegeln sich auch in unserem globalen Compliance Management System wieder, aber auch beispielsweise in der Personalentwicklung unabhängig vom Geschlecht, vom sozialen Status oder von der Herkunft.
Die Achtung der Menschenrechte ist Teil unseres Selbstverständnisses.
Andreas Schweinar, CEO Dorsch International
Aber nicht nur im Unternehmen, sondern auch in unseren Projekten weltweit spielen Menschenrechte und Sicherheitsstandards eine wichtige Rolle. Vor allem in der Entwicklungszusammenarbeit orientieren sich unsere Projektleistungen an ihrem Beitrag zur Erreichung der SDGs – dies fließt auch messbar in die Standardberichterstattung ein. So unterstützt beispielsweise unser Unternehmen AMBERO Consulting im Bereich Menschenrechte in Kamerun durch die Stärkung des Personenstandswesens den Anspruch der Bürger/innen auf ihr Wahlrecht, den Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung.
NAX: Ziel 13 der SDGs ist die Ergreifung von Sofortmaßnahmen, um den Klimawandel und seine Auswirkungen zu bekämpfen. Ingenieuren und Architekten kommt hier eine große Aufgabe zu. Beschreiben Sie Ihren Ansatz für die Gestaltung nachhaltiger Lebensräume/zur Bekämpfung des Klimawandels und für besseren Klimaschutz.
Andreas Schweinar: Der lebenszyklusübergreifende Ansatz ist der entscheidende Hebel! Der Bausektor ist beispielsweise für rund 40% der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Hier können durch die Planung klimaoptimierter Infrastruktur erhebliche Verbesserungen erzielt werden, z.B. durch den Einsatz grüner Materialien, die Recyclingfähigkeit und Wiederverwendbarkeit am Ende des Lebenszyklus oder den Bau von Infrastruktur mit geringerem Energiebedarf während des jahrzehntelangen Betriebs.
Darüber hinaus verfügen wir über ein breites Spektrum an relevanter Expertise, z.B. in den Bereichen Dekarbonisierung, Integration erneuerbarer Energien, Steigerung der Energieeffizienz, Mitigation und Adaptation an den Klimawandel, aber auch Climate Finance und Climate Governance.
Unsere Spezialisten können unseren Kunden aufzeigen, dass sich Investitionen in den Klimaschutz auch für ihre Projekte wirtschaftlich lohnen.
NAX: Hochwertige Bildung (SDGSDG Sustainable Development Goals 4) zu gewährleisten und die Möglichkeit des lebenslangen Lernens für alle zu fördern ist ein weiteres Ziel, zu dem sich Dorsch International bekennt. Wie (und wo) setzten Sie sich hierfür ein?
Andreas Schweinar: Wir verfügen über eine eigene Weiterbildungsakademie in Deutschland, nutzen aber auch externe professionelle Anbieter. Für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bieten wir LinkedIn-Kurse und für die Weiterbildung im digitalen Bereich sowohl interne als auch professionelle BIMBIM Building Information Modeling-Schulungen an. Zahlreiche Hochschuldozenten im Konzern bilden die wichtige Brücke zu Forschung und Lehre.
In unserer Projektarbeit setzen wir uns für eine inklusive und gerechte Bildung weltweit ein, zum Beispiel auch im Rahmen des Konzepts der 21st Century Schools.
In Jordanien schaffen wir mit dem Bau von 18 Schulen Lernräume für mehr als 15.000 Schülerinnen und Schüler. Davon sind 75 Prozent Mädchen und 40 Prozent syrische Flüchtende – wir sind stolz, damit einen Beitrag zum gleichberechtigten Zugang zu Bildung zu leisten. Zudem folgen die Gebäude einem Net-Zero Energiekonzept und nutzen ausschließlich erneuerbare Energien. Dadurch können pro Schule jährlich ca. 90 Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden.
Doch nicht nur weltweit, sondern auch vor der eigenen Haustür berücksichtigen wir bei unseren Projekten neben sozialen auch ökologische und ökonomische Aspekte. Ein aktuelles Beispiel ist die Elisabeth-Selbert-Schule in Wiesbaden für 1.200 Schülerinnen und Schüler, ein Gymnasium mit digitalem Schwerpunkt und Medienbildung. Das erste neu gegründete Gymnasium in Wiesbaden seit Jahrzehnten setzt auf ganzheitliches, nachhaltiges und zukunftsorientiertes Lernen. Bei dem Projekt handelt es sich um eine Hybridkonstruktion (Holz/Stahlbeton), bei welcher Holz als nachwachsender Rohstoff aus regionalem Anbau eine entscheidende Rolle spielt.
NAX: Punkt neun (unter dem Themenkomplex Umweltschutz) der zehn universellen UNGC-Prinzipien für Unternehmen gibt vor, dass Unternehmendie Entwicklung und Verbreitung umweltfreundlicher Technologien beschleunigen sollen. Welche Maßnahmen unternimmt Dorsch in diesem Bereich?
Andreas Schweinar: Dorsch International war einer der Pioniere in Jordanien, der Lastmanagement einsetzte, um zusätzliche erneuerbare Energien zu integrieren und die Energieeffizienz zu steigern. Eine Win-Win-Situation: Durch die Senkung der Energiekosten im Wassersektor und den Einsatz erneuerbarer Energien sparen Kommunen, Betreiber und Anwohner nicht nur Geld, sondern Jordanien kann auch den Anteil erneuerbarer Energien im nationalen Energiemix erhöhen.
Auch in Jordanien integrieren wir beispielsweise Solarenergie für die Entwässerung und Trocknung von Klärschlamm. Dies führt – vor allem im Vergleich zu den üblicherweise verwendeten fossilen Brennstoffen – zu einer erheblichen Reduzierung der CO2-Emissionen.
Unser Unternehmen BLS Energieplan ist eines der bundesweit führenden Planungsbüros für die Entwicklung nachhaltiger und CO2-neutraler Energieversorgung. Derzeit entsteht in Düsseldorf ein Campus, dessen Wärmeversorgung zu einem großen Teil mit Seewasser erfolgen wird. Das Konzept stammt von BLS. Aber auch die Beratung und Umsetzung von Net-Zero-Strategien für Stadtwerke und Industrieunternehmen gehören zum Portfolio und verdeutlichen unseren ganzheitlichen Ansatz.
NAX: Was raten Sie anderen Büros, die „SDG-konform“ arbeiten und sich zertifizieren möchten? Wie sollten sie am besten vorgehen. Was gilt es (besonders) zu beachten?
Andreas Schweinar: Ein Unternehmen sollte mit kleinen, messbaren Schritten beginnen und sich bewusst sein, dass es sich um einen langfristigen Veränderungsprozess handelt, der sämtliche Bereiche betrifft. Basis ist eine glaubwürdige Umsetzung in der eigenen Organisation, die Ziele sollten zu Beginn nicht zu hoch gesteckt werden. Konzentrieren Sie sich auf die Bereiche im Unternehmen mit der größten Nachhaltigkeitswirkung, hier ist der Hebel am größten und spürbare Erfolge sind rasch sichtbar. In vielen Bereichen im Unternehmen spielt Nachhaltigkeit bereits eine wichtige Rolle, diese gilt es zu identifizieren und zu dokumentieren.
Das Thema Nachhaltigkeit kann ein bedeutender Motivator im Unternehmen werden, es stiftet Sinn und schafft Identifikation, um so wichtiger in Zeiten des Fachkräftemangels.
Andreas Schweinar, CEO Dorsch International
Vor allem aber ist ganz wesentlich, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitzunehmen und für das Thema Nachhaltigkeit zu sensibilisieren. Alle Führungs- und Funktionsebenen im Unternehmen sollten einbezogen werden und das Management muss seine Vorbildfunktion auch tatsächlich leben. Ein fachlich und verantwortlich breit aufgestelltes Nachhaltigkeitsteam regt zum Mitmachen an und reduziert Belastungsspitzen und Aufwand für Einzelne. Das Thema Nachhaltigkeit kann ein bedeutender Motivator im Unternehmen werden, es stiftet Sinn und schafft Identifikation, um so wichtiger in Zeiten des Fachkräftemangels.
NAX: Vielen Dank, lieber Andreas Schweinar, für die spannenden Einblicke in Ihre nachhaltige Unternehmensstrategie!