Andreas Geiger forscht am KIT im Fachgebiet IT-Methoden und -komponenten für smarte Infrastrukturen, die gerade auch in der Architektur immer präsenter werden und moderne Technologien für effizientere, nachhaltigere und benutzerfreundlichere Gebäude integrieren. Sein Fachgebiet sind Semantische Datenmodelle in der BIMBIM Building Information Modeling (Building Information Modelling) und GIS (Geographische Informationssystem) Domaine.
NAXNAX Netzwerk Architekturexport: Welche Bedeutung hat KIKI Künstliche Intelligenz für unsere Gesellschaft und speziell für Architekten und die Bauwirtschaft? Warum?

Geiger: KI kommt mittlerweile in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft aber auch des täglichen Lebens und zu Einsatz. Davon ist natürlich auch die Bauwirtschaft bzw. die Architektur nicht ausgeschlossen. Insbesondere im Hinblick auf die Herausforderungen bei der Erreichung der gesteckten Klimaziele und der daraus notwendigen Sanierung unseres Gebäudebestands hat der Einsatz von KI-Potentiale die Sanierungsprozesse effizienter und nachhaltiger zu gestalten und dadurch Baukosten zu senken, den Energieverbrauch der Gebäude optimieren und die Lebensqualität in den Gebäuden verbessern.
NAX: Was kann KI leisten – und was nicht?
Geiger: KI bietet sicherlich vielfältige Möglichkeiten Prozesse in der Bauwirtschaft zu optimieren. Insbesondere wenn es um Routineaufgaben geht, kann die Unterstützung durch eine KI eine deutliche Erleichterung im Arbeitsalltag darstellen. Die Stärken sind die Analyse und Verarbeitung großer Datenmengen. Das kann beispielsweise das gezielte Suchen von Informationen in Dokumenten, Bildern und Videos sein. Systeme, die hier bereits im Einsatz sind, prüfen, ob alle Personen auf der Baustelle einen Bauhelm tragen, suchen nach Rissmustern in Baustellenaufnahmen oder erkennen und zählen Bauteile, wie zum Beispiel Rohrbögen für die Abrechnung. All diese Aufgaben decken aber immer nur ein Spezialgebiet ab und es wird für jeden Anwendungsfall ein entsprechend trainiertes KI-Modell benötigt. Die Qualität der Erkennung hängt daher auch sehr stark davon ab, wie exakt eine spezielle Situation trainiert wurde.
Grenzen hat die KI auf jeden Fall, wenn es um das Thema Kreativität geht. Für einen architektonischen Entwurf kann man sich sicherlich Anregungen durch eine KI geben lassen, aber ein Gebäudeentwurf mit seinen vielfältigen Abhängigkeiten durch die Gebäudenutzung, die Statik oder die Haustechnik sehe ich auch in naher Zukunft noch nicht als realistisches Einsatzgebiet.
KI bietet vielfältige Möglichkeiten, Prozesse in der Bauwirtschaft zu optimieren.
Andreas Geiger Karlsruher Institut für Technologie
NAX: Im Rahmen des Forschungsprojekts „Smart Design and Construction“ (SDaC) haben Sie eine Plattform für die Nutzung von Anwendungen der KI in der Bauwirtschaft mitentwickelt. Wozu sollen die entsprechenden KI-Anwendungen beitragen? Was bietet die Plattform? Wie können Architekten diese Plattform für sich nutzen?
Geiger: Das Ziel von SDaC ist es, den Nutzen und die Vorteile von KI für die Bauwirtschaft aufzuzeigen. Hierzu wurden Anwendungsfälle aus unterschiedlichen Projektphasen mit verschiedenen Anwendungsszenarien ausgewählt und prototypisch umgesetzt. Die entwickelten Anwendungen werden zentral auf der SDaC Plattform gehostet, die allerdings nicht frei verfügbar ist. Aktuell stehen lediglich ausgewählte Anwendungsfälle zum Test zur Verfügung. Die operative und kommerzielle Nutzung ist aktuell nicht vorgesehen bzw. auch durch den Fördergeber so nicht bestimmt. Ein Teil der Anwendungen wird von den Konsortialpartnern weiterentwickelt und vertrieben.
NAX: Ihr aktuelles Forschungsprojekt NaiS – Nachhaltige intelligente Sanierungsmaßnahmen ist ein Nachfolgeprojekt von SDaC. Wie kann das Projekt dazu beitragen, nachhaltiger und intelligenter zu sanieren? Warum ist dieses Projekt spannend für Architektinnen und Architekten?
Geiger: Im Forschungsprojekt NaiS wird eine Plattform zur objektiven Bewertung und Optimierung von Sanierungsmaßnahmen entwickelt. Dabei geht es um die Frage, welche Informationen aus dem Gebäudebestand mit Methoden des maschinellen Lernens (ML) mit menschenzentrierten Ansätzen digitalisiert werden können. Die benötigten Dokumente und Pläne sind oft unstrukturiert und liegen nicht in digitaler Form vor. Hier kann die KI kann helfen, Informationen verschiedenster Quellen zusammenzutragen und daraus Ergebnisse objektiv abzuleiten. Die geplante Austauschplattform soll künftig als Anlaufstelle dienen, um Bestandsgebäude mit den für eine Nachhaltigkeitsbetrachtung erforderlichen Parametern anzureichern und in einem standardisierten Datenformaten zur Weiterverwendung bereitzustellen. Zum Beispiel als vereinfachtes 3D-Gebäudemodell im OpenBIM-Format IFC. Darüber hinaus sind mit den Partnern Analysewerkzeuge für die nachhaltige Sanierungen geplant. Diese werden die Potenziale im Hinblick auf Nachhaltigkeitskriterien analysieren und konkrete Sanierungs- und Klimaschutzfahrpläne ableiten. Damit soll die Plattform den Nutzern auch helfen, besser auf die steigenden gesetzlichen Anforderungen und Standards für Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zu reagieren. Darüber hinaus möchten wir mit NaiS einen Mehrwert schaffen, der auch außerhalb der Forschung Anwendung findet. Dafür sind die Perspektive und Expertise der Praxis unerlässlich.
NAX: Vielen Dank für das Interview Herr Geiger!