Wir sind Beta Realities, ein Architektur- und Designbüro mit Standorten in Berlin (Headquarter) und New York. Gegründet 2020 von Marvin Bratke und Paul Bart, arbeiten wir seit unseren gemeinsamen Studienjahren in München zusammen. Marvin leitet das Berliner Studio mit Fokus auf deutsche und europäische Projekte, während Paul das New Yorker Studio verantwortet und internationale Projekte steuert.

Unser Fokus liegt auf der Gestaltung nachhaltiger, zirkulärer und transformativer Räume, die gesellschaftliche, ökologische und technologische Innovationen miteinander verbinden. Dabei arbeiten wir in den Bereichen Architektur, Städtebau, Interior- und Produktdesign sowie Nachhaltigkeitsberatung. Von Beginn an war unsere Arbeit international ausgerichtet – sowohl durch unsere Netzwerke als auch durch unsere Projekterfahrungen.
Was war eure Motivation, in den US-Markt einzusteigen?
Beta Realities: Der Schritt in den US-Markt war sowohl strategisch motiviert als auch biografisch naheliegend. Paul Bart hat bereits vor der Gründung über 15 Jahre im Ausland gearbeitet, zunächst in London und später in den USA. Zum Zeitpunkt der Gründung war er daher bereits fest im amerikanischen Markt verwurzelt. So ergab sich für Beta Realities von Anfang an eine internationale Aufstellung, die uns erlaubt hat, breitgefächert aufzutreten und unser Netzwerk schnell zu erweitern.
Gegründet wurde Beta Realities auf dem Höhepunkt der CovidCOVID-19 Corona Virus Disease 2019-Pandemie als ein rein digitales Büro. Erst später entwickelte sich die Struktur zu zwei physischen Standorten in Berlin und New York. Dieses digitale Fundament und die persönliche Vernetzung haben uns ermöglicht, bereits in einer frühen Phase global Projekten zu realisieren. Der Schritt in die USA war daher eine natürliche Weiterentwicklung und bewusste Entscheidung, unser internationales Netzwerk zu nutzen und auszubauen.
Wie gestaltete sich der Einstieg in den US-Markt – und welche Herausforderungen gab es ?
Beta Realities: Der amerikanische Markt gilt als schwieriger zu erschließen und benötigt längeren Atem als andere internationale Märkte, in denen wir tätig sind. Gleichzeitig ist er aber weniger bürokratisch organisiert als etwa Deutschland. Für uns war es entscheidend, auf ein starkes Netzwerk von lokalen Partnern, Fachplanern und ehemaligen Auftraggebern zurückgreifen zu können. Diese Partnerschaften haben uns bereits zu Beginn den Zugang zu größeren und prestigeträchtigen Projekten eröffnet. Ohne dieses Netzwerk wäre ein solch schneller Einstieg kaum möglich gewesen.
Inwieweit haben lokale Partner und Netzwerke den Markteintritt unterstützt?
Beta Realities: Eine zentrale Rolle. Viele unserer internationalen Projekte sind Kooperationsprojekte – wir arbeiten eng mit lokalen Partnern zusammen und bringen gleichzeitig europäische Innovation in den Markt. Dieses Zusammenspiel ermöglicht es uns, neue Technologien (z. B. modulare Systeme, digitale Tools, nachhaltige Materialien) einzuführen, während wir gleichzeitig die lokalen Rahmenbedingungen berücksichtigen. So entstehen Projekte, die sowohl kulturell als auch technologisch Brücken schlagen.
Welche Besonderheiten kennzeichnen eure Arbeitsweise in den USA?
Beta Realities: Wir arbeiten als ein vernetztes Team zwischen Berlin und New York, nicht als zwei getrennte Büros. Das ermöglicht nahezu durchgehende Projektübergaben, wenn der Arbeitstag in Europa endet und in den USA gerade erst beginnt. Diese Struktur steigert unsere Effizienz und gibt uns eine besondere Flexibilität.

Collective-Parts Icon Affordable-Housing, Austin/TexasBeta Realities, Morean
In den USA erleben wir zudem eine andere Projektkultur: Entscheidungsprozesse sind in der Regel schneller, die Kommunikation direkter und die Bereitschaft, innovative Wege zu gehen, deutlich ausgeprägter. Gleichzeitig beobachten wir in den letzten Jahren eine wachsende Offenheit gegenüber europäischen Themen wie Nachhaltigkeit, Zirkularität und städtebauliche Konzepte, die auf Fußgängerfreundlichkeit und Nachbarschaften statt auf automobile Infrastruktur setzen.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Auftraggebern, Behörden und Fachplanern in den USA?
Beta Realities: Die Zusammenarbeit ist von einer großen Offenheit für Innovation geprägt. Auftraggeber in den USA betrachten neue Technologien oft als Chance, sich im Markt zu differenzieren. Nachhaltigkeit wird hier weniger als regulatorische Pflicht verstanden, sondern vielmehr als Wettbewerbsvorteil und als Teil des eigenen Markenbildes. Lokale Codes und Genehmigungsverfahren sind zwar komplex, gleichzeitig aber so ausgelegt, dass sie Spielräume für neue Ansätze eröffnen. Diese Mischung aus Pragmatismus und Innovationsbereitschaft macht den amerikanischen Markt für uns besonders spannend.
Welche Projekte realisiert ihr aktuell in den USA?
Ein wichtiges Projekt für uns war ein Affordable-Housing-Projekt in Austin, Texas, das wir gemeinsam mit dem 3D-Druck-Pionier Icon Technologies entwickelt haben. Im Rahmen eines internationalen Beta Realities: Wettbewerbs haben wir dort einen „Kit of Parts“-Ansatz vorgestellt, den wir „Collective Parts“ nennen. Anstatt einzelne Wohneinheiten zu entwerfen, haben wir ein modulares Gebäudekatalogsystem entwickelt, das wie ein Produkt skalierbar und anpassbar ist. Damit konnten wir Ideen der Mass Customization aus dem Produktdesign auf die Architektur übertragen. Mit diesem Ansatz gehörten wir zu den drei Gewinnern aus über 600 Teilnehmern. Im Anschluss haben wir mit der Digital Structures Group am MITMIT Massachusetts Institute of Technology zusammengearbeitet, um eine Software zu entwickeln, die verschiedene Grundrisskonfigurationen generativ ermöglicht. In Austin konnten wir schließlich zwei Mikrohäuser für die Community First! Village in enger Zusammenarbeit mit Icon Technologies planen. Dieses Projekt war für uns wegweisend, da es Innovation, soziale Verantwortung und digitale Werkzeuge miteinander verbunden hat.



Ein weiteres, derzeit noch laufendes Projekt ist ein Holzbau in New York, das auf deutscher Bautechnologie basiert. Hier adaptieren wir innovative Planungs- und Bauweisen, die in Europa entwickelt wurden, u.a. in unserer Projektarbeit, für den amerikanischen Markt. Das Projekt zeigt, wie sich nachhaltige Baukultur und deutsche Ingenieurskunst mit den Möglichkeiten und Anforderungen des US-Marktes verbinden lassen.