Interview zum Thema BIM

Julian Weyer (JW), C. F. Møller Architects

Julian Weyer

Julian WeyerC.F. Møller Architects

NAXNAX Netzwerk Architekturexport: Herr Weyer, C.F. Møller Architects haben ihr erstes BIMBIM Building Information Modeling-Projekt mit dem Akershus-Krankenhaus in Norwegen bereits im Jahr 2004 realisiert. Mittlerweile nutzen Sie die Planungsmethode unabhängig vom Umfang des Projektes konsequent. Was waren die größten Herausforderungen in der Anfangsphase der BIM-Implementierung in Ihrem Büro?

JW: Seit 2013 ist die Nutzung von BIM bei öffentlichen Aufträgen in Dänemark verpflichtend und wird daher sehr breit genutzt. Dänemark hat hier eine Vorreiterrolle inne. Uns bei C.F. Møller Architects wurde sehr früh die Wichtigkeit der Digitalisierung und der sich verändernden Arbeitsprozesse des digitalisierten Planens, Entwerfens und Bauens klar. Zusammen mit sechs anderen großen Architekturbüros in Dänemark haben wir uns daher 2014 zusammengesetzt um ein funktionierendes BIM-Typecoding-System als neues Arbeitsmodell zu entwerfen – erfolgreich, denn diese open-source Methode hat sich inzwischen durchgesetzt und wird in großen, komplexen Projekten angewandt.

In der Implementierungsphase von BIM haben wir aktiv keine politische oder wirtschaftliche Unterstützung erhalten, für uns war es eine „Holschuld“, und in den meisten Ländern ist dies immer noch so. Genutzt hat uns bei der Implementierung von BIM und der Entwicklung von „Werkzeugen“ zu dessen Nutzung jedoch, dass wir ohne Angst, sondern mit viel Interesse an die Sache herangegangen sind und diese als einen Weg zur Effektivierung unserer eigenen Prozesse ansehen.

Norwegen wünschte sich früh eine Implementierung von BIM, und hat 2004 das Projekt Uniklinikum Akershus als BIM-Pilotprojekt gefördert. Das stellte für uns eine enorme Herausforderung dar, da wir ja noch keine Erfahrungswerte hatten in Bezug auf den Umfang der neuen Leistungen, die wir mit BIM erarbeiten mussten und wie diese abzurechnen seien – und vor allem wie dieses mit der gesamten Planergruppe zu integrieren sei. In Dänemark bzw. Norwegen gibt es seit etwa 1995 keine Honorarordnungen wie die HOAIHOAI Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, so dass es uns erst nach und nach gelang, die Leistungen korrekt zu benennen und den Aufwand einzuschätzen. In Deutschland ist dies in der HOAI leider auch noch nicht voll umgesetzt.

Abgesehen von der noch ausstehenden Einbindung der BIM-Strategie/Methode als integrativer Bestandteil der Leistungsphasen ist es ebenfalls absolut unerlässlich, die weitreichenden Nutzungsprozesse von BIM in die Lehre mit aufzunehmen. Bis jetzt wird hier zur Ausbildung der nächsten Generation von Architekten viel zu wenig getan – das Feld wird Software-Firmen überlassen. Wir haben daher die nötige Nachbildung weitgehend selbst in die Hand genommen. Ausnahme ist z.B. die Aalborg University Architecture, MSc in Technology, die hier jetzt beispielhaft diese Werkzeuge mit in kreative Prozesse einbringt.


BIM-Modell des Aarhus Uniklinikum

BIM-Modell des Aarhus Uniklinikum C.F. Møller Architects

NAX: Haben sich durch die frühzeitige Umstellung auf die BIM-Methode Vorteile im internationalen Wettbewerb für C.F. Møller Architects ergeben?

JW: Ich würde sagen, ja – für uns z.B. in Deutschland, wo unsere hohe Expertise sehr wertschaffend sein kann. Ein enormer Wert von BIM ist die strategische und integrative Projektplanung, bei der das Arbeiten aller Beteiligten in einem Modell zu einer Produktivitätssteigerung führt, die vor allem auch für kleine und mittlere Architekturbüros eine große Chance darstellt. Außerdem ergeben sich  umfassende Anwendungsmöglichkeiten in den Ausführungs- und Betriebsphasen, wo die potentielle Wertschöpfung typisch viel höher ist als die Planerkosten.

NAX: Was würden Sie kleinen und mittelständischen Unternehmen raten, die zukünftig mit BIM planen wollen?

JW: Die Kommunikation, die Arbeits- und Abstimmungswege aller ändern sich – man muss sich auf BIM einlassen wollen, um die Vorteile für sich auszuschöpfen. Ganz oder gar nicht, war bei uns die Devise; ein bisschen BIM wird nicht funktionieren! Die Chancen sind jedoch – national und international – enorm, denn die rasante Entwicklung digitaler Arbeitsprozesse lässt sich nicht mehr aufhalten. Und so muss man an diesem Thema dran bleiben, wenn man wettbewerbsfähig bleiben will. Ich sagte es schon: ohne Angst oder Abneigung, sondern mit Interesse an BIM herangehen!

NAX: Wir danken sehr herzlich für das Gespräch, lieber Herr Weyer!

Julian Weyer ist Partner in einem der ältesten und größten Architekturbüros Skandinaviens, C. F. Møller Architects in Kopenhagen. Das Interview führte NAX am Rande der internationalen Immobilienmesse MIPIMMIPIM Marché International des Professionnels de l’immobilier in Cannes, wo J. Weyer auch aktiv an einer Talkrunde zum Thema Digitalisierung auf dem GERMAN PAVILION teilnahm. (Bericht MIPIM >>hier)

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