NAXNAX Netzwerk Architekturexport: Sauerbruch Hutton ist sowohl in Deutschland als auch in Europa und international erfolgreich tätig – auch mit dem Projekt „Stockholm One“ in Stockholm, Schweden. Wie konnten Sie dieses Projekt akquirieren?
Sauerbruch Hutton: Wir waren von einem lokalen Büro aus Stockholm kontaktiert worden, dem Büro BAU (Byrån för Arkitektur & Urbanism), um an einem prominenten Wettbewerb für ein anderes Hochhausprojekt in Stockholm teilzunehmen.
Bei diesem Investorenwettbewerb musste mit dem Angebot zum Kauf des Grundstücks ein Entwurf eingereicht werden; der Investor war Skanska. Zwar haben wir diesen Wettbewerb nicht gewonnen, aber die Zusammenarbeit war sehr gut, deswegen lud Skanska uns, neben zwei weiteren skandinavischen Büros, gleich anschließend zu einem Wettbewerb für Stockholm One ein, den wir dann gewonnen haben. Es war ein klassischer Architektur-Wettbewerb bzw. ein Parallelverfahren mit drei Teilnehmern, das Skanska als Investor ausgelobt hatte.
NAX: Wie werden Sie als deutsches Architektur- und Planungsbüro in einem skandinavischen Land wahrgenommen? Gibt es eine bestimmte Erwartungshaltung an Sie? Warum wählt ein skandinavischer Bauherr einen deutschen Architekten?
Sauerbruch Hutton:Die Erwartungen seitens der Stadt an uns waren hoch. Die Stellung von Architekten in Schweden, vor allem in der Detail- und Ausführungsphase, ist verglichen mit Deutschland deutlich schwächer: Die Entwickler bzw. Baufirmen (häufig dieselbe Firma) haben viel Macht und Durchsetzungskraft. Der Input der Architekten nimmt extrem ab, je weiter fortgeschritten die Bauausführungsphase ist. Die Erwartung, so wie wir es empfunden haben, war Wege aufzuzeigen um sich gegen diesen Trend zu stellen. Die Jury, die aus Vertretern der Stadt bestand, hatte sich für unseren Entwurf entschieden, obwohl es seitens des Bauherrn Bedenken gab, dass die Realisierung zu aufwändig werden könnte.
Wir haben das Projekt dann gemeinsam mit dem Bauherrn weiterentwickelt und einen Weg gefunden, den Entwurf an die ökonomischen Vorgaben anzupassen.
Die Bauherren hatten bis dahin noch keine Erfahrung mit ausländischen Büros. Sie fanden aber unsere Arbeitsweise interessant, nicht immer konfliktfrei, waren aber von unserem Engagement und dem Durchdringungsgrad der planerischen Themen stark beeindruckt. Soweit wir es beurteilen können ist der Bauherr bis heute sehr zufrieden mit der Qualität unserer Planung, die wir gemeinsam mit unseren Kollegen von BAU geliefert haben. Sicherlich war es auch von Anfang an sehr hilfreich, dass wir schwedischsprachige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in unserem Team hier in Berlin haben, so dass die Kommunikation kein Problem darstellte.
NAX: Welche Besonderheiten gibt es bei der Zusammenarbeit mit skandinavischen Partnern? Was sollte man beachten/wissen, wenn man im skandinavischen Markt aktiv werden möchte?
Sauerbruch Hutton: Die Rolle der Architekten, wie oben erwähnt, ist in Schweden eine völlig andere als in Deutschland. Architekten haben dort viel weniger Einflussmöglichkeiten und auch weniger Verantwortung. Es ist eine andere Art der Zusammenarbeit, beispielsweise auch was Kostentransparenz betrifft. Das Projektmanagement liegt zumeist bei den Bauunternehmen, die dadurch sehr viel Macht haben.
Sich mit den eigenen Ansprüchen dort zu behaupten ist keine einfache Angelegenheit. Anders als in Deutschland, wo Besprechungen oft sehr konfrontativ und konfliktgeladen sein können, ist die Gesprächskultur in Schweden von außerordentlicher Höflichkeit geprägt. Desto schwieriger ist es daher, die Integrität der Planung zu verteidigen und Kompromisse zu suchen, wenn Konflikte vermieden werden und der (gewohnte) Weg der Machtausübung gegangen wird. Aber mit der Zeit lernt man damit umzugehen und welchen Ton man anschlagen muss, um Erfolge verbuchen zu können.
NAX: Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, unsere Fragen zu beantworten!