Gabriele Seitz ist Leiterin des Referats Digitalisierung in der Bundesarchitektenkammer. Bevor sie dieses 2017 übernahm, war sie langjährige Projektleiterin im Netzwerk Architekturexport NAXNAX Netzwerk Architekturexport.
NAX: Die künstliche Intelligenz ist in aller Munde – was bedeutet sie?
Seitz: Die Künstliche Intelligenz (KIKI Künstliche Intelligenz) beziehungsweise Artificial Intelligence (AI) ist einer der größten technologischen Treiber der Digitalisierung. Anders als bisherige programmierte Abläufe sind KI, kognitive Systeme und Maschinen mehr und mehr lernfähig und zunehmend in der Lage, Erlerntes auf neue Situationen zu übertragen.
KI hat in letzter Zeit an Bedeutung gewonnen, was zum Teil auf Big Data beziehungsweise auf die Zunahme der Geschwindigkeit, Größe und Vielfalt der Daten, die heute gesammelt werden, zurückzuführen ist.
KI kann Prozesse selbstständig planen, Prognosen treffen oder auch mit Menschen interagieren. KI erlaubt es, die Vielzahl der heute gesammelten Daten auf gänzlich neue Weise auszuwerten.
Mit dem Thema KI müssen wir auch über das Thema Ethik sprechen und die Technologie so entwickeln, dass sie unseren ethischen Maßstäben entspricht.
NAX: Welche Möglichkeiten bietet Künstliche Intelligenz in der Baubranche?
Seitz: Mit der KI werden dem Architekten neue Methoden zur Verfügung gestellt, um eine lebenswerte, soziale, ökologisch und ökonomisch verantwortliche Entwicklung unsere gebaute Umwelt zu gestalten. Hier kann beispielsweise der Bereich Smart Homes genannt werden, in dem KI mit intelligent gesteuerten Heizungen, Spracherkennung oder digital basierten Sicherheitssystemen das aktuelle bzw. zukünftige Wohnen beeinflusst. In der Architektur wird KI schon jetzt zur Erstellung komplexer Strukturen genutzt (Computational Design). Der Architekt gibt hierbei eine Zahl an Parametern ein und erhält zur weiteren Verwendung eine Auswahl an Vorschlägen, die mithilfe von Algorithmen errechnet werden. KI kann langfristig außerdem eine Chance sein, um den vorhandenen Fachkräftemangel in der Baubranche auszugleichen.
NAX: Gibt es internationale Strategien für KI?
Seitz: Innerhalb Deutschlands fehlen bisher ethische und normative Rahmen für KI. Deshalb wurde eine Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenz – Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche, soziale und ökologische Potenziale“ eingesetzt um sich mit dem Thema auseinander zu setzten. Diese setzt sich zu gleichen Teilen aus Mitgliedern des Deutschen Bundestages und sachverständigen externen Expertinnen und Experten zusammen.
Zum Auftrag der Enquete-Kommission gehört, auf Basis ihrer Untersuchungsergebnisse den staatlichen Handlungsbedarf auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene zu identifizieren und zu beschreiben. BMWiBMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, BMBF und BMAS haben im November hierzu beschlossen, eine Strategie Künstliche Intelligenz zu entwickeln, die „KI made in Germany“ zu einem internationalen Markenzeichen für moderne, sichere und gemeinwohlorientierte KI-Anwendungen auf Basis des europäischen Wertekanons macht.
International bewegt sich die Entwicklung hinsichtlich KI im Spannungsfeld zwischen „Innovation um jeden Preis“ (USA) und „Kontrolle um jeden Preis“ (China). In der EUEU Europäische Union gibt es u.a. in Großbritannien und Finnland KI-Strategien bzw. Pläne (UK / FI) an denen sich Deutschland orientieren könnte.