In der Architektenkammer Berlin trafen sich am 12.11.2021 Vertretende der Bundesarchitektenkammer und des NAX sowie des Schweizer Ingenieur- und Architektenvereins (SIASIA Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein), um sich im kleinen Kreis über erste Erfahrungen mit dem revidierten Gesetz zum öffentlichen Beschaffungswesen (BöB) in der Schweiz auszutauschen. Dieses ist zum 1.1.2021 in Kraft getreten. Gegenwärtig laufen die individuellen Beitrittsverhandlungen der Kantone zur interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (iVöB).
Es wurde zuerst die Definition und der Entwicklungsprozess des Systems Beschaffungswesen in der Schweiz dargestellt, das ab 2010 (Qualitäts-)Wettbewerbe, „vergabefremde“ Kriterien (Nachhaltigkeit, Sozialstandards etc.) und „Heimatschutz“ beinhaltete. Jetzt würden u.a. auch die UN-Nachhaltigkeitskriterien mit in den Vergabeprozess einbezogen. Dies könne einen Paradigmenwechsel darstellen, weg vom rein wirtschaftlichen Einsatz der öffentlichen Mittel und dem „wirtschaftlich günstigsten Angebot“, hin zu einem wirtschaftlich und volkswirtschaftlichen, ökologisch und sozial nachhaltigen Einsatz der öffentlichen Mittel und dem „vorteilhaftesten Angebot“.
Dieser Systemwechsel gründe u.a. auf der Einsicht, dass z.B. die Energie- und Klimawende nur dann zu schaffen sei, wenn die langfristige Kosten-/Nutzenbetrachtung einer Leistung in der Bewertung von Angeboten möglich sei. Dies war unter der alten Gesetzeslage zwar möglich, doch mit der neuen gesetzlichen Grundlage ist es verpflichtend.
Im revidierten BöB prüfen Auftraggebende die Angebote anhand leistungsbezogener Zuschlagskriterien. Sie können, unter Beachtung der internationalen Verpflichtungen der Schweiz, neben dem Preis und der Qualität einer Leistung, insbesondere Kriterien wie Zweckmäßigkeit, Termine, technischer Wert, Wirtschaftlichkeit, Lebenszykluskosten, Ästhetik, Nachhaltigkeit, Plausibilität des Angebots, die unterschiedlichen Preisniveaus in den Ländern, in welchen die Leistung erbracht wird, Verlässlichkeit des Preises, Kreativität, Kundendienst, Lieferbedingungen, Infrastruktur, Innovationsgehalt, Funktionalität, Servicebereitschaft, Fachkompetenz oder Effizienz der Methodik berücksichtigen. (Auszug aus Artikel 29. Zuschlagskriterien)
Die Umsetzung des revidierten Gesetzes sei jedoch steinig und der Teufel stecke im Detail. Noch müssten die meisten Kantone dem revidierten Gesetz beitreten; mit breiteren Erfahrungen in dessen Umsetzung könne daher erst im Laufe des nächsten Jahres gerechnet werden.
BAKBAK Bundesarchitektenkammer/NAX und SIA vereinbaren, den Dialog und Austausch fortzusetzen und sich im Herbst 2022 erneut zu treffen, um dieses und weitere binational-relevanten Themen zu besprechen (Ort: voraussichtlich Zürich).