Wie die meisten EUEU Europäische Union-Länder hat auch Frankreich mit Lieferkettenstörungen und steigenden Energiepreisen zu kämpfen. Der im Oktober 2021 eingeführte „Schutzschild“ für die Gas- und Strompreise, den Frankreichs Regierung mit 25 Milliarden EUR für den Preisdeckel kalkuliert, dürfte jedoch dazu beigetragen, dass sich zumindest die energieintensive Herstellung von Baumaterialien kostengünstiger als in Deutschland gestaltet.
Laut Statista, Eurostat (Juni 2022) beträgt der prognostizierte Umsatz für das Baugewerbe in Frankreich im Jahr 2022 etwa 302 Mrd. EUR. Es wird ein jährliches Wachstum von über 5% in 2022 bis 2025 erwartet. Gleichzeitig hat sich Frankreich das Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 40 Prozent zu reduzieren. Laut offiziellen Berechnungen sind Gebäude für 27 Prozent der französischen Emissionen verantwortlich. Der Treibhausgasausstoß von Gebäuden muss bis 2030 deshalb um 49 Prozent gesenkt werden. Bis 2050 wird eine vollständige Dekarbonisierung angestrebt.
Um die Halbierung der Gebäudeemissionen bis 2030 zu schaffen, müssten bis dahin pro Jahr 370.000 Wohnungen renoviert werden. Um die Ziele bis 2050 zu erreichen, müssten dann ab 2031 sogar jährlich 700.000 Wohnungen modernisiert werden. Hieraus ergeben sich auch für deutsche Unternehmen sowie Architektinnen, Architekten, Ingenieurinnen und spannende Möglichkeiten.
Hürden vor Baubeginn
Dieses Risiko ist für die Versicherer schwer kalkulierbar! Aufgrund des langen Haftungszeitraums fehlen die Erfahrungen, welche Auswirkungen die jeweiligen Bautechniken in der Zukunft entfalten.
Während in der Vergangenheit viele Bauunternehmen sog. „Freedom of Services-Policen“ bei ausländischen Versicherern abgeschlossen hatten, sind aufgrund von Fehleinschätzungen dieser „long term risks“ und einer daraus resultierenden Bankrottwelle von Versicherern aktuell nur noch sehr wenige ausländische Versicherer (bspw. Millenium) auf dem französischen Markt für Bauversicherungen tätig.
Doch bereits vor Baubeginn präsentiert sich die erste große Hürde: die Notwendigkeit einer sogenannten „Assurance Décennale“. Jedes Bauunternehmen, dass in einem direkten vertraglichen Verhältnis mit dem Bauherrn oder der Bauherrin steht, unterliegt einer 10-jährigen Gewährleistungspflicht für Schäden am Bau.
Die französischen Versicherer sind seit Jahren deutlich vorsichtiger, was Baurisiken betrifft. Aufgrund der bestehenden Versicherungspflicht für Bauversicherung (zehnjährige Haftung/ Bauschäden) haben natürliche oder juristische Personen einen Anspruch auf eine Angebotserstellung bei einem Versicherer, der entsprechende Deckung zeichnet. Verweigert ein zugelassener Versicherer eine Bauversicherung, kann über das Zentrale Tarifierungsbüro („BCT –Bureau central de tarification“) als unabhängiges Organ, welches Prämiensätze für die Dezennalpolicen festlegt, den Versicherer verpflichten, das Risiko zu diesem Satz zeichnen zu müssen. Der Versicherungsnehmer hat jedoch nur Anspruch auf die gesetzliche Pflichtdeckung.
Allein im vergangenen Jahr wurden im Konstruktionsbereich 259 Anfragen an das BCT gestellt, fast das Doppelte der Anfragen als bspw. im Jahr 2018. Im Ergebnis führen diese Auflagen und Langzeitrisiken zu einer sehr übersichtlichen Anzahl von Versicherungsanbietern in Frankreich.
Was ist die Dezennalversicherung genau?
Die sogenannte „Dezennalversicherung“ (RC Décennale) stellt eine Besonderheit des französischen Versicherungsrechts dar. Dabei handelt es sich um eine Pflichtversicherung für eventuelle Gewährleistungsansprüche des Bauherrn oder der Bauherrin, die jeder Herstellende („constructeur“) eines Bauwerks („bâtiment“) abschließen muss.
Als „Herstellende“ gelten beispielsweise Architektur- und Ingenieurbüros oder Generalübernehmer, also alle, die direkt mit dem Bauherrn, der Bauherrin einen Vertrag schließen. Oft wird selbst von Nachunternehmern der Nachweis über eine solche 10-Jahres-Versicherung verlangt, auch wenn das Gesetz dies nicht vorschreibt.
Abgedeckt werden mit der sogenannten „Garantie RC Décennale“ Schäden an Bauwerken, welche die Standfestigkeit oder die Nutzbarkeit des Bauwerks beeinträchtigen, und das über einen Zeitraum von 10 Jahren nach der Bauabnahme.
Auch für deutsche Unternehmen, die auf dem französischen Markt Bauprojekte realisieren wollen, gilt: Vor Baubeginn muss der Nachweis über eine vorliegende Dezennalversicherung erbracht werden. Insbesondere für deutsche Firmen sowie Architekten und Ingenieure ohne Sitz in Frankreich kann es jedoch schwierig sein, einen Versicherer auf dem französischen Markt zu finden.
Bauleistungs- und Montageversicherung
Für temporäre Investitions- und Bauvorhaben bietet der französische Markt gebündelt die Bearbeitung von Bauleistungs-, Montage- und Bauherrenhaftpflichtpolicen an.
Die separate Deckung von Bauherrenhaftpflichtversicherungen bei größeren Vorhaben praktiziert der französische Markt nicht. Die Feuergefahr, sofern diese länger als drei Monate zu versichern ist, zieht automatisch die Versicherungspflicht der Naturkatastrophen (Nat Cat) und der diversen Terrorgefahren im Rahmen des GAREAT nach sich. Bei Projekten der Leistungserzeugung von Energie (Biogas, Photovoltaik, Windenergie, Wasserkraft) stellt sich teilweise auch noch die Frage der Notwendigkeit von einer Dezennalhaftpflichtversicherung. Bei Objekten, die der Pflichtversicherung unterliegen, kommt auch die sogenannte „Dommages Ouvrage“, Dezennalsachversicherung auf Rechnung des Bauherrn und deren Rechtsnachfolger zum Tragen.
Selten, aber nicht ungewöhnlich sind auch die Fragen der vorweg genommenen Betriebsunterbrechung oder des Einnahmeausfalles, aufgrund verspäteter Inbetriebnahme und Einspeiseverlust.
Besonderheiten des Versicherungswesens sowie der Haftung in Frankreich
Es gibt eine Vielzahl von Beispielen, bei denen sich der französische Versicherungsmarkt sowie die Haftung von seinen europäischen Nachbarn unterscheidet. Ob es sich um die Eröffnung eines Tochterunternehmens, ein Bauprojekt in Frankreich oder den Kauf eines Privathauses handelt, sollten jeweils Besonderheiten berücksichtigt werden. Hierzu zählt beispielshaft das Sondergesetz Spinetta: Seit 1978 strukturiert das Sondergesetz Spinetta das Schema der Dezennalhaftung und -Versicherung in Frankreich. Im gesamten Bausektor Frankreich gilt die damit begründete Verschuldensvermutung mit Beweislastumkehr zulasten jedes Unternehmens, der direkt mit dem Bauherrn oder der Bauherrin kontraktiert.
AIC – unsere Erfahrung ist Ihr Vorteil!
Als international agierender Versicherungsmakler haben wir langjährige Erfahrung im Umgang mit Auslandsrisiken. Dabei können wir auf ein weites Netzwerk kompetenter Versicherer und Kooperationspartner zugreifen. In Frankreich begleitet unser Partner „Cabinet FACT“ auch deutschsprachige Unternehmen einschl. Bauherren/ Bauträger sowie Architekten und Ingenieure bei Bauprojekten und hilft dabei, sowohl sprachliche als auch bürokratische Hürden zu überwinden.
Gern erarbeiten wir ein belastbares Konzept für den Versicherungsschutz Ihres nächsten Bauvorhabens (nicht nur) in Frankreich!
UNSERE LEISTUNGEN IM ÜBERBLICK
- Entwicklung, Ausschreibung, Koordination und Betreuung nationaler und internationaler Versicherungsprogramme
- Platzierung von Spezialdeckungen einschl. Fronting im Ausland
- Internationales Risiko-Management
- Beratung und Schadenabwicklung
- Regelmäßige Prüfung, Wertung und Reporting der bestehenden Versicherungsvereinbarung
QUELLEN:
- Alexander Köhler, CEO AIC
- Statista, Eurostat
- https://bauinfoconsult.de/neue-regelungen-zu-klimaschutz-und-nachhaltigkeit-franzoesischer-bausektor-im-umbruch/
- Cabinet FACT (Kooperationspartner von AIC in Frankreich)