Saudi-Arabien, ein Land, das für seine reiche Geschichte und Kultur bekannt ist, hat in den letzten Jahrzehnten einen bemerkenswerten wirtschaftlichen Wandel erlebt. Die Infrastruktur des Landes soll im großen Stil modernisiert und erweitert werden. Die wirtschaftliche und politische Entwicklung sowie die enorme Investitionsflut in die Bauindustrie mit Großprojekten, wie z.B. Neom oder der Quiddiya-Entertainment-Stadt, hat den deutschen Planern viele lukrative Möglichkeiten eröffnet.
Mit dem Ziel sich vom größten Erdölförderland der Welt zum hoch modernen Technologie Mittelpunkt im Nahen Osten zu entwickeln, scheut sich das Land nicht vor noch nie da gewesen Mammutprojekten. Saudi-Arabiens BIP ist eines der höchsten in der Region. Die Bauwirtschaft trägt einen erheblichen Anteil dazu bei, insbesondere durch Großprojekte im Bereich der Infrastruktur und des Wohnungsbaus.
Saudi-Arabien verfügt über eine beträchtliche ausländische Arbeitskraft, die in verschiedenen Wirtschaftsbereichen tätig ist. Laut einer Schätzung des saudischen Arbeitsministeriums arbeiteten 2022 rund 13,4 Millionen ausländische Arbeitnehmer im Königreich. Im Verhältnis betrug die Einwohnerzahl Saudi-Arabiens im Jahr 2022 etwa 32,2 Millionen Menschen. Die Regierung bemüht sich, den Anteil ausländischer Arbeitskräfte durch die sogenannte „Saudisierung“ zu reduzieren, indem sie Anreize für saudische Arbeitnehmende schafft. Dies ist ein wichtiger Faktor, um die Arbeitslosigkeit im Land zu reduzieren. Dabei hat Saudi-Arabien verstärkt internationale Unternehmen und Experten in die Bauwirtschaft eingebunden, um ihr Wissen und ihre Technologie in das Land zu bringen und anzusiedeln.
Zuständige Behörde
Die Hauptbehörde, die für die Regulierung der Bauwirtschaft und die Vergabe von Bauaufträgen in Saudi-Arabien zuständig ist, ist das „Saudi Ministry of Housing, Urban Planning, and Municipalities“ (Ministerium für Wohnungsbau, Stadtplanung und Kommunen). Diese Behörde hat umfassende Befugnisse und Regulierungsbefugnisse in Bezug auf Bauprojekte und die Zulassung von Planern und Ingenieuren.
Verjährungsfristen und Garantien
In Deutschland gibt es normierte Verjährungsfristen für Planungsleistungen. In Saudi-Arabien hingegen gibt es keine festen Verjährungsfristen. Die gängige zehnjährige Gewährleistung findet nur auf solche Vertragsverhältnisse Anwendung, bei denen Regierungsbehörden Auftraggeber sind. Hier gilt das öffentliche Ausschreibungs- und Beschaffungsrecht-Gesetz (Government Tender and Procurement Law (Tender Law)), welches folgendes besagt: „Der Auftragnehmer hat eine zehnjährige Garantie gegen teilweisen oder vollständigen Einsturz dessen, was er gebaut hat, ab dem Datum der endgültigen Übergabe an die Regierungsbehörde zu leisten, wenn der Einsturz auf einen Baumangel zurückzuführen ist, es sei denn, die beiden Vertragsparteien vereinbaren einen kürzeren Zeitraum.“ Dem Wortlaut nach sind davon Bauleistungen erfasst, aber keine Planungs- und Architektenleistungen. Es ist auch unklar, ob der allgemeine Anwendungsbereich des Tender Law – und damit die Decennial Liability nach Art. 76 des Tender Laws – überhaupt Grundlage für Planende ist. Denn das Tender Law regelt die Einzelheiten zur Durchführung förmlicher Vergabeverfahren, aber nicht immer wird ein solches Vergabeverfahren durchgeführt. Daher spricht vieles dafür, dass auch die materiellen Regelungen des Tender Laws – und damit die Decennial Liability – vorliegend für Planungsleistungen nicht immer eindeutig greifen. Vor diesem Hintergrund wird regelmäßig eine 10-jährige Gewährleistung nach Abnahme der Leistungen zwischen dem Auftraggeber und dem Planer gesondert vertraglich vereinbart.
Versicherung
In Saudi-Arabien ist es gesetzlich nicht vorgeschrieben, dass Architektinnen und Ingenieure eine Berufshaftpflichtversicherung unterhalten. Dessen ungeachtet fordern Bauherren regelmäßig den Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung mit einer separaten Betriebshaftpflicht-Deckung, einer Arbeitsunfallversicherung (bei Unternehmen mit mehr als 10 Angestellten), einer Krankenversicherung sowie einer Kfz-Haftpflichtversicherung. Die Einhaltung der zu beachtenden Versicherungsvorschriften wird von der zuständigen Versicherungsaufsicht, der Saudi Arabian Monetary Agency (SAMA), überwacht. Hier werden unter anderem alle in Saudi-Arabien zugelassenen Versicherer und Rückversicherer aufgelistet.
Soll nun ein deutsches Planungsbüros für ein Projekt in Saudi-Arabien Planungsleistungen erbringen, ist es zwingend erforderlich, den benötigten bzw. geforderten Versicherungsschutz zu prüfen. Zum einen sind die Werkverträge für ausländische Planende in der Regel an angelsächsische Vertragsinhalte angelehnt und zum anderen besteht in Saudi-Arabien eine weitgehende Vertragsfreiheit. So werden oft Nachweise zur Employers Liability Insurance, Workers Compensation Insurance, Automobile Insurance, Public Liability Insurance und Professional Indemnity Insurance bereits bei einem Wettbewerb oder bei Angebots- sowie Vertragsverhandlungen gefordert. Nicht alle verlangten Absicherungen sind für den deutschen Planende nachzuweisen oder gar notwendig. Dennoch sind die geforderten Nachweise in Saudi-Arabien üblich und für viele internationale Büros und Auftraggeber ein Standard, den es für (deutsche) Planerinnen und Planer abzustimmen gilt. Bei dem Abschluss von lokalen Versicherungen, die ausschließlich als „claims-made“ Policen erhältlich sind, gilt ebenfalls einiges zu beachten. Somit muss bspw. bei einer projektbezogenen „claims-made“ Police, die über den lokalen saudischen Versicherungsmarkt eingekauft wird, zwingend eine separate 10-jährige Nachmeldefrist (ERP – Extended Reporting Period) im Versicherungsvertrag vereinbart werden. Weiter ist zu beachten, dass Folgeschäden oder reine Vermögensschäden (ohne besondere Vereinbarung) generell vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind. Solche Besonderheiten können Planende teuer zu stehen kommen, wenn dies im Honorarangebot nicht berücksichtigt wurde. So sind projektbezogene Versicherungslösungen mit hohen Deckungssummen über den saudischen Versicherungsmarkt bis zu dreimal teurer als vergleichbare Absicherungen in Deutschland. Anders sieht es bei der Versicherung im Rahmen der in Deutschland laufenden Berufshaftpflichtversicherung aus. Zwar gehört Saudi-Arabien zu den so genannten „Non-Admitted Verbotsländern“, was bedeutet, dass die Versicherung lokaler Risiken durch einen Versicherer ohne Zulassung im jeweiligen Ausland verboten ist. Anderseits kommt es auf den Ort der Leistungserbringung an. So muss je nach Geltungsbereich der bestehenden Berufshaftpflichtversicherung gegebenenfalls keine gesonderte Versicherung abgeschlossen werden, sofern die Leistungen ausschließlich aus Deutschland heraus erbracht werden. Dies gilt es jedoch im Einzelfall zu prüfen und mit dem Versicherer abzustimmen.
Fazit
Saudi-Arabiens Bauwirtschaft ist ein Motor für wirtschaftliches Wachstum und Modernisierung. Deutsche Planer, die in Saudi-Arabien arbeiten möchten, müssen die komplexen rechtlichen Anforderungen, steuerlichen Aspekte und behördlichen Regelungen beachten. Eine gründliche Vorbereitung und Fachberatung sind unerlässlich, um erfolgreich in dieser aufstrebenden Bauwirtschaft tätig zu sein. Die Vision 2030-Initiative und Großprojekte wie NEOM bieten attraktive Chancen für ausländische Experten und Unternehmen, die in die saudische Bauindustrie investieren möchten.
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Kontakt
Quellen
Saudi Central Bank (sama.gov.sa)
Arbitration Procedures and Practice in Saudi Arabia: Overview | Practical Law (thomsonreuters.com)
PIF – Giga Projects | Public Investment Fund, Saudi Arabia
10 facts about construction in Saudi Arabia – Construction Week Online
Setup in Saudi | Construction Sector in Saudi
Mandatory decennial liability insurance in the UAE | Simmons & Simmons (simmons-simmons.com)
The New KSA Civil Code: Construction Contracts | Shearman & Sterling
Foreigners make up over 40% of Saudi population, census show (newarab.com)